Brhadaranyaka-Upani<U>sh</U>ad

Hans Zimmermann, Görlitz : 12 KÖRBE: Quellentexte in zwölf Sprachen : Brhadâranyaka-Upanishad grham/ Index * Indienreise * Buddha (Sâmañña-Phala Sutta)/ Lalitavistara/ Ajanta/ Thankas/ Jâtakas/ Zen-Kunst Sanskrit/ Grammatik * Rgveda * Mahâbhârata * Râmâyana Gîtâ * Vedânta * Yoga * Meditation und Mantren Paul Deussen (übers.) : Sechzig Upanishad's des Veda : Inhaltsverzeichnis Brhadâranyaka-Upanishad: Madhukândam * Yâjñavalkîyam Kândam * Khilakândam Inhaltsverz. * Îshâ-Upanishad Die Brhadâranyaka-Upanishad des weißen Yajurveda. Sanskrit und Deutsch Übersetzung, Einleitung und Kommentar: Paul Deussen (Kiel 1897/1905²) Sanskrit-Text gemäß Eighteen principal Upanishads ed. V.P.Limaye und R.D.Vadekar Pune 1958 transliteriert und ins Netz gestellt von Hans Zimmermann, Görlitz 2012 Das Madhukândam. (Brhadâranyaka-Upanishad 1–2.) Erster Adhyâya.

Erstes Brâhmanam.

1.–2. Brâhmanam: Die mystische Bedeutung des Roßopfers. – Die Shândilyabücher des Shatapathabrâhmanam (VI–X) bekunden ihre ursprüngliche Selbständigkeit unter andern auch dadurch, daß sie im Agnirahasyam, als ginge damit der Veda zu Ende (vedânta), mit upanishad-artigen Betrachtungen schließen: Shatap.Br.10,5,3 und die benachbarten Stücke werden schon von den Brahmasûtra's 3,3,44–52 als zur Vidyâ gehörig in Anspruch genommen; zwei weitere Abschnitte, 10,6,1 (Vaishvânaravidyâ) und 10,6,3 (Shândilyavidyâ) sind uns in bedeutsamer Fortbildung in der Chândogya-Upanishad begegnet (oben S.144 fg., 109 fg.), und die beiden

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letzten Kapitel, Shatap.Br.10,6,4–5, über die mystische Bedeutung des Roßopfers, werden von der Kânva-Rezension als Brh.1,1–2 an den Anfang der Upanishad gestellt, und aus guten Gründen. Denn wie die Upanishad's des Rgveda vom uktham (oben S.10 fg., 21 fg.), die des Sâmaveda vom sâman, udgîtha usw. ihren Ausgangspunkt nehmen (oben S.66 fg., S.203 Anm.), so knüpft die Yajurvedische Brhadâranyaka-Upanishad in ihren beiden ersten Abschnitten an das Opfer, und zwar an das Roßopfer als die höchste Opferleistung an, um dasselbe allegorisch zu deuten. Nur der versteht das Roßopfer in Wahrheit (Brh.1,2,7), welcher weiß, daß das zu opfernde Roß, wie das erste Brâhmanam in grotesker Anschauung ausführt, das Weltall ist. Denn die Welt ist, nach einem schon im Rgveda hervortretenden Gedanken (10,81,1.6, Gesch.d.Phil.I,135 fg.), von Prajâpati, der zugleich das Leben (prâna, Brh.1,2,3) und der Tod (mrtyu) oder der Hunger ist, erschaffen worden, um dasselbe als ein von ihm selbst sich selbst dargebrachtes Opfer zu verschlingen. Zu diesem Zwecke schafft er zunächst die Urwasser (1,2,1) und als eine Verdichtung derselben die Erde (1,2,2), breitet sich als Lebenshauch dreifach zu Agni, Vâyu und Âditya aus, schafft, durch Zeugung seines Manas mit der Rede (dem göttlichen Vedaworte), das Jahr und sodann alle Geschöpfe, um sie als Aditi (von ad "essen” abgeleitet) zu verschlingen. Seinen höchsten Ausdruck findet dieser Gedanke darin, daß Prajâpati selbst sich in ein Roß umwandelt, welches ihm, und mit ihm den übrigen Gottheiten, im Roßopfer dargebracht wird. Wer sich durch dieses Wissen zur Einheit mit Prajâpati, dem Hunger, dem Tode erhebt, dem kann der Tod nichts mehr anhaben, weil der Tod sein eignes Selbst ist.

ushâ vâ ashvasya medhyasya shirah

sûryash cakshuh

vâtah prânah

vyâttam agnir vaishvânarah

samvatsara âtmâshvasya medhyasya

Om!

1. Die Morgenröte, wahrlich, ist des Opferrosses Haupt,

die Sonne sein Auge,

der Wind sein Odem,

sein Rachen das allverbreitete Feuer,

das Jahr ist der Leib des Opferrosses.

dyauh prshtham

antariksham udaram

prthivî pâjasyam

dishah pârshve

avântaradishah parshavah

Der Himmel ist sein Rücken,

der Luftraum seine Bauchhöhle,

die Erde seines Bauches Wölbung;

die Pole sind seine Seiten,

die Zwischenpole seine Rippen,

rtavo 'ngâni

mâsâsh cârdhamâsâsh ca parvâni

ahorâtrâni pratishthâh

nakshatrâny asthîni

nabho mâmsâni

die Jahreszeiten seine Glieder,

die Monate und Halbmonate seine Gelenke,

Tage und Nächte seine Füße,

die Gestirne seine Gebeine,

das Gewölk sein Fleisch.

ûvadhyam sikatâh

sindhavo gudâh

yakrc ca klomânash ca parvatâh

oshadhayash ca vanaspatayash ca lomâni

Das Futter, das es verdaut, sind die Sandwüsten,

die Flüsse seine Adern,

Leber und Lungen die Gebirge,

die Kräuter und Bäume seine Haare;

udyan pûrvârdhah

nimlochañ jaghanârdhah

yad vijrmbhate tad vidyotate

yad vidhûnute tat stanayati

yan mehati tad varshati

vâg evâsya vâk (1)

die aufgehende Sonne ist sein Vorderteil,

die niedergehende sein Hinterteil.

Was es bleckt, das ist Blitz,

was es schauert, ist Donner,

was es wässert, Regen;

seine Stimme ist Rede.

ahar vâ ashvam purastân mahimânvajâyata

tasya pûrve samudre yonih

râtrir enam pashcân mahimânvajâyata

tasyâpare samudre yonih

etau vâ ashvam mahimânâv abhitah sambabhûvatuh

2. Der Tag, fürwahr, ist entstanden für das Roß als die Opferschale, die vor ihm stehet:

seine Wiege ist in dem Welt-

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meere gen Morgen;

die Nacht ist für es entstanden als die Opferschale, die hinter ihm stehet:

ihre Wiege ist in dem Weltmeere gen Abend;

diese beiden Schalen entstanden, das Roß zu umgeben.

hayo bhûtvâ devânavahat

vâjî gandharvân

arvâsurân

ashvo manushyân

Als Roß zog es die Götter,

als Kämpfer die Gandharven,

als Renner die Dämonen,

als Pferd die Menschen.

samudra evâsya bandhuh

samudro yonih (2)

Der Ozean ist sein Verwandter,

der Ozean seine Wiege.

iti prathamam brâhmanam (1)

Zweites Brâhmanam.

naiveha kiñcanâgra âsît

mrtyunaivedam âvrtam âsît ashanâyayâ

ashanâya hi mrtyuh

1. Am Anfang war hier nichts;

denn diese Welt war verhüllt von dem Tode; von dem Hunger;

denn der Tod ist Hunger.

tan mano 'kuruta

âtmanvî syâm iti

Da schuf er das Manas (den Verstand, den Willen);

denn er begehrte, selbsthaft (körperhaft) zu sein.

so 'rcann acarat

tasyârcata âpo 'jâyanta

Er wandelte lobsingend;

da er lobsang, entstand das Wasser;

arcate vai me kam abhûd iti

tad evârkasyârkatvam

kam ha vâ asmai bhavati

ya evam etad arkasyârkatvam veda (1)

denn er sprach:

"Da ich lobsang (arc), ward mir Freude (ka)".

Dieses ist das Wesen des Strahles (arka).

Dem wird Freude zuteil,

der also dieses Wesen des Strahles weiß.

âpo vâ arkah

tad yad apâm shara âsît tat samahanyata

sâ prthivy abhavat

2. Denn der Strahl ist das Wasser.

Was an dem Wasser der Rahm war, das wurde gekernt;

daraus entstand die Erde.

tasyâm ashrâmyat

tasya shrântasya taptasya tejo raso niravartatâgnih (2)

Dabei ermüdete er.

Da er ermüdete, da er sich erhitzte, ward seine Kraft, sein Saft zu Feuer.

sa tredhâtmânam vyakuruta

âdityam trtîyam vâyum trtîyam

sa esha prânas tredhâ vihitah

3. Er zerteilte sich selbst in drei,

[ein Drittel Feuer], ein Drittel Sonne, ein Drittel Wind;

so war er als Lebenshauch (prâna) dreifach ausgebreitet.

tasya prâcî dik shirah

asau câsau cermau

athâsya pratîcî dik puccham

asau câsau ca sakthyau

dishanâ codîcî ca pârshve

dyauh prshtham

antariksham udaram

iyam urah

Sein Kopf war die Gegend gen Morgen,

hier und dort waren seine Vorderschenkel;

sein Schweif war die Gegend gen Abend,

hier und dort waren seine Hinterschenkel;

Süd und Nord waren seine Seiten,

der Himmel sein Rücken,

der Luftraum seine Bauchhöhle,

diese Erde seine Brust.

sa esho 'psu pratishthitah

yatra ka chaiti tad eva pratitishthaty evam vidvân (3)

Derselbige stehet gegründet auf den Wassern. –

Wo immer er gehen mag, da stehet gegründet, wer solches weiß.

so 'kâmayata dvitîyo ma âtmâ jâyeteti

sa manasâ vâcam mithunâm samabhavad

ashanâyâ mrtyuh

4. Er begehrte, ein zweites Selbst (Leib) zu haben;

da pflog er als Manas mit der Rede Begattung (vgl. 1,4,17 und Gesch.d.Phil.I,8,201. 206),

er, der Hunger, der Tod.

tad yad reta âsît sa samvatsaro 'bhavat

na ha purâ tatah samvatsara âsa

tam etâvantam kâlam abibhah yâvân samvatsarah

tam etâvatah kâlasya parastâd asrjata

Was sich als Same ergoß, das ward das Jahr (die Zeit);

denn vordem war das Jahr nicht vorhanden.

Selbiges trug er so lange Zeit, wie ein Jahr ist,

und nach Ablauf dieser Zeit ließ er es hervorgehen.

tam jâtam abhivyâdadât

sa bhânakarot

saiva vâg abhavat (4)

Gegen selbiges, nachdem es geboren war,

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sperrte er den Rachen auf;

da schrie es: bhân!

Daraus entstand die Rede [bhan, bhanati reden].

sa ekshata

yadi vâ imam abhimamsye

kanîyo 'nnam karishya iti

5. Er erkannte:

"Wenn ich diesem nachstelle,

so wird meine Speise nur gering sein".

sa tayâ vâcâ tenâtmanedam sarvam asrjata

yad idam kiñca

rco yajûmshi sâmâni

chandâmsi yajñân prajâh pashûn

Da schuf er mit jener Rede [dem Veda], mit jenem Selbste [dem Manas]

dieses Ganze,

was immer vorhanden,

die Verse [des Rgveda], die Sprüche [des Yajurveda], die Lieder [des Sâmaveda],

die Gesänge, die Opfer, die [opfernden] Geschöpfe, die [zu opfernden] Tiere.

sa yad yad evâsrjata tat tad attum adhriyata

sarvam vâ attîti tad aditer adititvam

Alles, was er immer schuf, das beschloß er zu verschlingen;

weil er alles verschlingt (ad), darum ist er die Aditî (die Unendlichkeit).

sarvasyaitasyâttâ bhavati

sarvam asyânnam bhavati

ya evam etad aditer adititvam veda

Der wird zum Verschlinger des Weltalls,

dem dient das Weltall zur Speise,

wer also das Wesen der Aditî versteht.

so 'kâmayata bhûyasâ yajñena bhûyo yajeyeti

so 'shrâmyat sa tapo 'tapyata

tasya shrântasya taptasya yajño vîryam udakrâmat

prânâ vai yasho vîryam

6. Da begehrte er, noch weiter ein größeres Opfer darzubringen;

er mühte sich ab, er kasteite sich;

da er sich abmühte, da er sich kasteite, wichen von ihm Schönheit und Kraft.

Nämlich die Lebensgeister sind Schönheit und Kraft.

tat prâneshûtkrânteshu sharîram shvayitum adhriyata

tasya sharîra eva mana âsît (6)

Indem die Lebensgeister aus ihm wichen, begann sein Leib anzuschwellen;

aber sein Manas war in dem Leibe geblieben.

so 'kâmayata

medhyam ma idam syât

âtmanvy anena syâm iti

7. Da begehrte er:

"Dieser Leib soll mir opfertauglich (medhya) werden;

in ihm will ich mich verkörpern".

tato 'shvah samabhavat yad ashvat

tan medhyam abhûd iti

tad evâshvamedhasyâshvamedhatvam

esha ha vâ ashvamedham veda

ya enam evam veda

Darauf ward er zu einem Rosse (ashva), darum daß er angeschwollen war (ashvat).

Und er sprach: "Dieser (Leib) ist mir opfertauglich (medhya) geworden".

Darum heißt das Roßopfer Ashvamedha. –

Fürwahr, der versteht das Roßopfer,

der es also versteht! –

tam anavarudhyaivâmanyata

tam samvatsarasya parastâd âtmana âlabhata

pashûn devatâbhyah pratyauhat

tasmât sarvadevatyam prokshitam

prâjâpatyam âlabhante

Selbiges [Roß] bewachte er, ohne es zu fesseln.

Nach Ablauf eines Jahres brachte er es als Opfer für sich selbst dar;

die [übrigen, bei der Ashvamedhafeier geopferten] Tiere aber überwies er den Göttern.

Darum bringt man, als ein [zugleich] allen Göttern geweihtes,

dem Prâjâpati dies Opfer dar.

esha ha vâ ashvamedho ya esha tapati

tasya samvatsara âtmâ

ayam agnir arkah

tasyeme lokâ âtmânah

Wahrlich, jener ist das Roßopfer welcher dort [als Sonne] leuchtet;

sein Leib ist das Jahr.

Dieses [irdische] Feuer ist der Arka (das Opferfeuer beim Roßopfer);

sein Leib sind diese Welten.

tâv etâv arkâshvamedhau

so punar ekaiva devatâ bhavati mrtyur eva

Diese beiden sind das Opferfeuer und das Roßopfer.

Und wiederum sind sie nur eine einzige Gottheit, nämlich der Tod. –

apa pûrnamrtyum jayati

nainam mrtyur âpnoti

mrtyur asyâtmâ bhavati

etâsâm devatânâm eko bhavati (7)

[Wer solches weiß,] der wehret ab den Wiedertod;

der Tod überwältigt ihn nicht,

darum daß der Tod sein Selbst ist (Shatap.Br.10,5,2,23);

zu einer jener Gottheiten [die an dem Roßopfer teilhaben] wird er.

iti dvitîyam brâhmanam (2)

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Drittes Brâhmanam.

Ehe man die philosophische Kraft besaß, das Prinzip der Dinge, den Âtman, in seiner Reinheit aufzufassen und mittels jenes großen "neti, neti” (Brh.2,3,6. 3,9,26. 4,2,4. 4,4,22. 4,5,15) in Gegensatz zu allen seinen Erscheinungen zu stellen, versuchte das noch ungereifte (auch in der Metaphysik mit empirischen Anschauungsformen operierende) Denken, das Prinzip der Welt zu ergreifen, indem es dasselbe in irgend einer besonders deutlichen Erscheinungsform anschaute. Eine solche ist namentlich der Prâna, "der Lebenshauch”, welcher daher nicht nur in der Vorgeschichte der Âtmanlehre eine wichtige Stelle einnimmt (vgl. darüber Gesch.d.Phil.I, 294–305), sondern auch in den Upanishad's eines der gebräuchlichsten Symbole (pratîkam, Brahmaputra 4,1,4) des Âtman bleibt. So begegneten wir z. B. im dritten Adhyâya der Kaushîtaki-Upanishad (oben S.41 fg.) dem Bestreben, durch Identifikation von Prâna und Prajñâtman, über das Symbol hinaus zur Wesenheit zu gelangen; und so bieten die beiden größten unter den Upanishad's, als Vorbereitung der Âtmanlehre und daher gleich am Eingange, Chând.1,2–3 und Brh.1,3, einen Text, welcher den Prâna (psychisch und kosmisch) als die von Übel und Bösem unberührbare und alle übrigen Organe (psychisch und kosmisch) über Übel und Böses hinausführende Wesenheit verherrlicht. Beide Texte gehen ohne Zweifel auf eine gemeinsame Grundlage zurück, weichen aber in der Ausführung erheblich voneinander ab. Der Hauptunterschied ist, daß es sich Brh.1,3 um ein Singenlassen des Udgîtha durch die Lebenshauche, hingegen Chând.1,2 um ein Verehrtwerden der Lebenshauche unter dem Symbol des Udgîtha handelt. Schon oben S.69 bezeichneten wir Ersteres als das Ursprünglichere und führten als Bestätigung an, daß es sich bei dem dreimaligen Vorkommen der Erzählung im Talavakâra-Upanishad-Brâhmanam (1,60. 2,1–2. 2,10–11) stets um ein Singen des Udgîtha handelt (Eine vierte Version der Legende, Talav.Up.Br.2,3, läßt den Udgîtha außer Betracht.) Hierbei blieb jedoch unerklärt, warum Chând.1,2 so auffallend von allen andern Versionen abweicht. Vielleicht gelingt es, den Schlüssel dieses Rätsels aus der Betrachtung von Brh.1,3 zu gewinnen.

Hier werden, behufs Überwindung der Dämonen, Rede, Geruch, Auge, Ohr, Manas der Reihe nach von den Göttern beauftragt, für sie beim Opfer den Udgîtha zu singen. Sie beginnen damit und ersingen Schönes für sich selbst und die Götter, werden aber, während des Singens (wie wir annehmen müssen), von den Dämonen mit Übel geschlagen und dadurch unfähig, den Sieg zu erringen. Als sechster wird dann der Lebensodem, Prâna (zur Unterscheidung von Prâna, dem Geruchssinne, in Brh. asanya prâna, in Chând. mukhya prâna, "der Lebenshauch im Munde" genannt) aufgefordert, den Udgîtha zu singen; an ihm zerstieben die Dämonen, er erringt den Sieg, verbannt das Übel, mit dem die übrigen Organe behaftet worden waren, an das Ende der Weltgegenden und führt sodann Rede, Geruch, Auge, Ohr and Manas als Agni, Vâyu, Aditya, Dish's und Candramas über Tod und Übel hinaus. Hierauf ersingt er für sich

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Nahrung und läßt die andern Organe, indem sie in ihn eingehen, daran teilnehmen, wofür er dann als Ayâsya Ângirasa, Brhaspati, Brahmanaspati gefeiert wird. – Nun plötzlich (Brh.1,3,22) ändert sich die Situation. War der Prâna vorher der siegreiche Sänger des Sâman, des Udgîtha, so wird er jetzt selbst für das Sâman, den Udgîtha erklärt, und das Stück endigt mit einer Glorifikation des Sâman und einer Anweisung darüber, wie beim Gesange desselben vom Yajamâna und den Priestern zu verfahren. Wir glauben hier die Naht zu erkennen, welche zwei ursprünglich verschiedene Stücke verbindet:

1) Brh.1,3,1–21 (aufs nächste verwandt mit Talav.Up.Br.2,1–2. 10–11) schildert in einer Legende die Superioritat des die Dämonen besiegenden Prâna über die übrigen Lebensorgane;

2) Brh.1,8,22–28 hingegen scheint ursprünglich eine Verherrlichung des Sâman (Udgîtha) als Prâna zu sein, verbunden mit Weisungen, welche die Ausführung der Sâma-Liturgie betreffen. –

Auch Chând.1,2–3 (dessen Version sich im übrigen näher an Talav.Up.Br.1,60. 2,3 anschließt) verbindet beide Elemente, verschmelzt sie aber sekundär so weit, daß es sich von vornherein nicht um ein Singen des Udgîtha durch den Prâna, sondern um ein Verehrtwerden des Prâna unter dem Symbole des Udgîtha handelt, wodurch dann die ursprüngliche Pointe der Erzählung verlorengeht.

dvayâ ha prâjâpatyâh devâsh câsurâsh ca

tatah kânîyasâ eva devâh jyâyasâ asurâh

ta eshu lokeshv aspardhanta

1. Zwiefach waren die Kinder des Prajâpati, Götter und Dämonen.

Von ihnen waren die schwächeren die Gotter, die stärkeren die Dämonen.

Selbige stritten um diese Welten.

te ha devâ ûvuh

hantâsurân yajña udgîthenâtyayâmeti (1)

Da sprachen die Götter:

"Wohlan, laßt uns die Dämonen beim Opfer durch den Udgîtha überwinden!"

te ha vâcam ûcuh tvam na udgâyeti

tatheti tebhyo vâg udagâyat

yo vâci bhogas tam devebhya âgâyat

yat kalyânam vadati tad âtmane

te vidur anena vai na udgâtrâtyeshyantîti

tam abhidrutya pâpmanâvidhyan

sa yah sa pâpmâ yad evedam apratirûpam vadati sa eva sa pâpmâ (2)

2. Da sprachen sie zur Rede: "Singe du für uns den Udgîtha!" –

"So sei es", sprach sie. Da sang die Rede für sie den Udgîtha.

Der Nutzen, der in der Rede ist, den ersang sie für die Götter,

daß sie Schönes redet, das für sich selbst. –

Da merkten jene [die Dämonen]: "Durch diese als Sänger werden sie uns überwinden",

drangen auf dieselbe ein und erfüllten sie mit Übel.

Das Übel, daß sie so Unziemliches redet, das eben ist jenes Übel.

te ha prânam ûcuh tvam na udgâyeti

tatheti tebhyo prâna udagâyat

yah prâne bhogas tam devebhya âgâyat

yat kalyânam jighrati tad âtmane

te vidur anena vai na udgâtrâtyeshyantîti

tam abhidrutya pâpmanâvidhyan

sa yah sa pâpmâ yad evedam apratirûpam jighrati sa eva sa pâpmâ (3)

3. Da sprachen sie zum Geruche (prâna): "Singe du für uns den Udgîtha!" –

"So sei es", sprach er. Da sang der Geruch für sie den Udgîtha.

Der Nutzen, der in dem Gerüche ist, den ersang er für die Götter,

daß er Schönes riecht, das für sich selbst –

Da merkten jene: "Durch diesen als Sänger werden sie uns überwinden",

drangen auf denselben ein und erfüllten ihn mit Übel.

Das Übel, daß er so Unziemliches riecht, das eben ist jenes Übel.

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te ha cakshur ûcuh tvam na udgâyeti

tatheti tebhyash cakshur udagâyat

yash cakshushi bhogas tam devebhya âgâyat

yat kalyânam pashyati tad âtmane

te vidur anena vai na udgâtrâtyeshyantîti

tam abhidrutya pâpmanâvidhyan

sa yah sa pâpmâ yad evedam apratirûpam pashyati sa eva sa pâpmâ (4)

4. Da sprachen sie zum Auge: "Singe du für uns den Udgîtha!" –

"So sei es", sprach es. Da sang das Auge für sie den Udgîtha.

Der Nutzen, der in dem Auge ist, den ersang es für die Götter,

daß es Schönes schaut, das für sich selhst. –

Da merkten jene: "Durch dieses als Sänger werden sie uns überwinden",

drangen auf dasselbe ein und erfüllten es mit Übel.

Das Übel, daß es so Unziemliches schaut, das eben ist jenes Übel.

te ha shrotram ûcuh tvam na udgâyeti

tatheti tebhyo shrotram udagâyat

yah shrotre bhogas tam devebhya âgâyat

yat kalyânam shrnoti tad âtmane

te vidur anena vai na udgâtrâtyeshyantîti

tam abhidrutya pâpmanâvidhyan

sa yah sa pâpmâ yad evedam apratirûpam shrnoti sa eva sa pâpmâ (5)

5. Da sprachen sie zum Ohre: "Singe du für uns den Udgîtha!" –

"So sei es", sprach es. Da sang das Ohr für sie den Udgîtha.

Der Nutzen, der in dem Ohre ist, den ersang es für die Götter,

daß es Schönes hört, das für sich selbst. –

Da merkten jene: "Durch dieses als Sänger werden sie uns überwinden",

drangen auf dasselbe ein und erfüllten es mit Übel.

Das Übel, daß es so Unziemliches hört, das eben ist jenes Übel.

te ha mana ûcuh tvam na udgâyeti

tatheti tebhyo mana udagâyat

yo manasi bhogas tam devebhya âgâyat

yat kalyânam sankalpayati tad âtmane

te vidur anena vai na udgâtrâtyeshyantîti

tam abhidrutya pâpmanâvidhyan

sa yah sa pâpmâ yad evedam apratirûpam sankalpayati sa eva sa pâpmâ

6. Da sprachen sie zum Manas (Verstand, Willen):

"Singe du für uns den Udgîtha!" –

"So sei es", sprach es.

Da sang das Manas für sie den Udgîtha.

Der Nutzen, der

in dem Manas liegt, den ersang es für die Götter,

daß es

Schönes vorstellt (beschließt), das für sich selbst. –

merkten jene: "Durch dieses als Sänger werden sie uns überwinden",

drangen auf dasselbe ein und erfüllten es mit Übel.

Das Übel, daß es so Unziemliches vorstellt (beschließt), das

eben ist jenes Übel.

evam u khalvetâ devatâh pâpmabhir upâsrjan

evam enâh pâpmanâvidhyan (6)

Also geschah es, daß sie diese Gottheiten mit Übeln überkamen,

daß sie dieselben mit Übel erfüllten.

atha hemam âsanyam prânam ûcuh tvam na udgâyeti

tatheti tebhya esha prâna udagâyat

te vidur anena vai na udgâtrâtyeshyantîti

tam abhidrutya pâpmanâvivyatsan

7. Da sprachen sie zu diesem Lebensodem im Munde

(âsanya prâna): "Singe du für uns den Udgîtha!; –

"So sei

es", sprach er. Da sang dieser Lebensodem für sie den

Udgîtha. –

Da merkten jene: "Durch diesen als Sänger werden sie uns überwinden",

drangen auf denselben ein und

wollten ihn mit Übel erfüllen (avivyatsan).

sa yathâshmânam rtvâ loshto vidhvamseta

evam haiva vidhvamsamânâ vishvañco vineshuh

tato devâ abhavan parâsurâh

bhavaty âtmanâ

parâsya dvishan bhrâtrvyo bhavati ya evam veda (7)

Da aber, gleichwie ein Erdkloß, wenn er auf einen Stein trifft, zerstiebt,

also auch stoben sie auseinander und vergingen.

Darum bestanden die Götter, zunichte waren die Dämonen. –

Der

besteht durch sich selbst (atmanâ),

dessen Widersacher wird

zunichte, wer solches weiß.

S.388

te hocuh kva nu so 'bhûd yo na idtham asakteti

ayam âsye 'ntar iti so 'yâsya

ângirasah angânâm hi rasah (8)

8. Da sprachen sie: "Wo war er doch, der sich unser also angenommen?

Im Munde weilt er (ayam âsye), darum heißt er Ayâsya,

und Ângirasa, denn er ist der Saft (rasa) der Glieder (anga)."

sâ vâ eshâ devatâ dûr nâma

dûram hy asyâ mrtyuh

dûram ha vâ asmân mrtyur bhavati ya evam veda (9)

9. Wahrlich, diese Gottheit heißet Dûr mit Namen,

denn

von ihr bleibt der Tod ferne (dûram). –

Von dem bleibt der

Tod ferne, der solches weiß.

sâ vâ eshâ devataitâsâm devatânâm pâpmânam mrtyum apahatya

yatrâsâm dishâm antas tad gamayâñcakâra

tad âsâm pâpmano vinyadadhât

tasmân na janam iyât nântam iyât

net pâpmânam mrtyum anvavâyânîti (10)

10. Nachdem diese Gottheit also von jenen Gottheiten das Übel, den Tod, abgewehrt hatte,

so versetzte sie dasselbe dorthin, wo dieser Weltgegenden Grenze ist;

dorthin verlegte sie die Übel derselben.

Darum soll man nicht gehen unter die Heiden, nicht gehen zur Grenze,

damit man nicht sich hinbegebe zu dem Übel, zu dem Tode!

sâ vâ eshâ devataitâsâm devatânâm pâpmânam mrtyum

apahatyâtheinâ mrtyum atyavahat (11)

11. Nachdem diese Gottheit also von jenen Gottheiten das Übel, den Tod,

abgewehrt hatte,

so führte sie dieselbigen über den Tod hinüber.

sa vai vâcam eva prathamâm atyavahat

sâ yadâ mrtyum atyamucyata so 'gnir abhavat

so 'yam aghnih parena mrtyum atikrânto dîpyate (12)

12. Zuerst führte sie die Rede hinüber;

indem diese vom Tode erlöst wurde, ward sie zu dem Feuer.

Als dieses Feuer, über den Tod hinausgeschritten, flammt sie.

atha prânam atyavahat

sâ yadâ mrtyum atyamucyata sa vâyur abhavat

so 'yam vâyuh parena mrtyum atikrântah pavate (13)

13. Darauf führte sie den Geruch hinüber;

indem dieser vom Tode erlöst wurde, ward er zu dem Winde.

Als dieser Wind, über den Tod hinausgeschritten, reinigt er.

atha cakshur atyavahat

tad yadâ mrtyum atyamucyata sa âdityo 'bhavat

so 'sâv âdityah parena mrtyum atikrântas tapati (14)

14. Darauf führte sie das Auge hinüber;

indem dieses vom Tode erlöst wurde, ward es zu der Sonne.

Als diese Sonne, über den Tod hihausgeschritten, glüht es.

atha shrotram atyavahat

tad yadâ mrtyum atyamucyata tâ disho 'bhavat

tâ imâ dishah parena mrtyum atikrântâh (15)

15. Darauf führte sie das Ohr hinüber;

indem dieses vom Tode erlöst wurde, ward es zu den Weltgegenden.

Als diese Weltgegenden [ist es] über den Tod hinausgeschritten.

atha mano 'tyavahat

tad yadâ mrtyum atyamucyata sa candramâ abhavat

so 'sau candrah parena mrtyum atikrânto bhâti

16. Darauf führte sie das Manas hinüber;

indem dieses vom Tode erlöst wurde, ward es zu dem Monde.

Als dieser Mond, über den Tod hinausgeschritten, glänzt es.

evam ha vâ enam eshâ devatâ mrtyum ativahati ya evam veda (16)

Wahrlich, den führt diese Gottheit ebenso über den Tod hinaus, der solches weiß.

athâtmane 'nnâdyam âgâyat

yaddhi kiñcânnam adyate 'nenaiva tad adyate

iha pratitishthati (17)

17. Darauf ersang sie für sich selbst Speise zum Essen.

Denn was immer an Speise gegessen wird, das wird von dem

[Lebens-]Odem gegessen;

[dadurch] bestehet er hienieden.

te devâ abruvan

etâvad vâ idam sarvam yad annam tad âtmana âgâsî

anu no 'sminn anna âbhajasveti

te vai mâ 'bhisamvishateti

tatheti tam samantam parinyavishanta

18. Da sprachen jene Gottheiten:

"alles dieses, was Speise ist, so viel es ist, das hast du für dich selbst ersungen;

S.389

laß uns mit dir an dieser Speise teilnehmen!" –

"Wohlan", sprach er, "so gehet alle in mich ein!" –

"So sei es", sprachen sie; da gingen sie von allen Seiten her in ihn hinein.

tasmâd yad anenânnam atti

tenaitâs trpyanti

Darum geschieht es,

daß von der Speise, die man um des Lebenshauches willen genießt,

jene andern sich sättigen.

evam ha vâ enam tvâ abhisamvishanti

bhartâ svânâm sheshthah pura etâ bhavaty

annâdo 'dhipatir ya evam veda

ya u haivamvidam sveshu prati pratir bubhûshati

na haivâlam bhâryebhyo bhavati

atha ya evaitam anu bhavati yo vaitam anu bhâryân bubhûrshati

sa haivâlam bhâryebhyo bhavati

Fürwahr, in den gehen ebenso die Seinigen ein,

der ist der Ernährer der Seinigen, ist ihr Fürst, ihr Herzog,

Esser der Speise und Oberherr, der solches weiß;

und wer gegen ihn, der solches weiß, als ein Widersacher unter den Seinigen aufsteht,

der vermag nicht hinauszuhelfen denen, die ihm anhängen;

aber wer jenem sich unterordnet, wer ihm folgend die Seinigen zu unterhalten strebt,

der, fürwahr, vermag hinauszuhelfen denen, die ihm anhängen.

so 'nyâsya ângirasah angânâm hi rasah

prâno vâ angânâm rasah

prâno hi vâ angânâm rasah tasmâd

yasmât kasmâc cângât prâna utkrâmati tad eva tac chushyati

eva hi vâ jangânâm rasah (19)

19. Er ist Ayâsya Ângirasa, denn er ist der Saft (rasa) der Glieder (anga);

denn das Leben (prâna) ist der Saft der Glieder.

Denn weil das Leben der Saft der Glieder ist, darum geschieht es,

daß, aus welchem Gliede immer das Leben entweicht, das eben vertrocknet;

darum ist es der Saft der Glieder.

esha u eva brhaspatih

vâg vai brhatî tasyâ esha patih

tasmâd u brhaspatih (20)

20. Er ist aber auch Brhaspati;

denn die Rede ist Brhatî [Name eines Metrums, hier für Rgveda],

und er ist ihr Herr;

darum ist er auch Brhaspati.

esha u eva bramanaspatih

vâg vai brahma tasyâ esha patih

tasmâd u brahmanaspatih (21)

21. Er ist aber auch Brahmanaspati;

denn die Rede ist Brahman [das Gebet, hier für Yajurveda],

und er ist ihr Herr;

darum ist er auch Brahmanaspati.

esha u eva sâma

vâg vai sâ

amaishah sâ câmash ceti

tat sâmnah sâmatvam

yad veva samah plushinâ samo mashakena samo nâgena

sama ebhis tribhir lokaih samo 'nena sarvena

22. Er ist aber auch das Sâman;

denn die Rede ist Sâman [Gesang].

Weil er sâ und ama [sie und er, d. h. Weibliches und Männliches] ist,

daher kommt der Name Sâman. –

Vgl. Chând.1,6. Talav.Up.Br.1,53,5.

Oder auch daher, weil er gleich (sama) ist der Ameise, gleich der Mücke, gleich dem Elefanten,

gleich diesen drei Welträumen, gleich diesem Weltganzen. –

tasmâd veva sâmah ashnute sâmnah sâyujyam salokatâm

ya evam etat sâma veda (22)

Der erlangt das Sâman, der erwirbt mit dem Sâman Lebensgemeinschaft, Weltgemeinschaft,

wer also dieses Sâman kennt.

esha u vâ udgîthah

prâno vâ ut

prânena hîdam sarvam uttabdham

vâg eva gîthâ

uc ca gîthâ ceti sa udgîthah (23)

23. Er ist aber auch der Udgîtha;

denn der Prâna ist ut,

denn durch den Prâna (das Leben) wird diese ganze Welt

S.390

aufrechterhalten (ut-tabdham);

und die Rede ist gîthâ (Gesang);

ut und gîtha aber machen zusammen Udgîtha.

taddhâpi brahmadattash caikitâneyo râjânam bhakshayann uvâca

ayam tyasya râjâ mûrdhânam vipâtayatât

yad ito 'yâsya ângiraso 'nyenodagâyad iti

vâcâ ca hy eva sa prânena codagâyad iti (24)

24. Darum auch sprach Brahmadatta, der Nachkomme des Cikitâna, da er den König [Soma] kostete:

"Dieser König soll mir das Haupt zersprengen,

wenn Ayâsya Ângirasa mit etwas anderem als ich hier den Udgîtha gesungen hat.

Denn auch er", so sprach er, "hat nur durch die Rede und durch den Prâna den Udgîtha gesungen."

tasya haitasya sâmno ya svam veda bhavati hâsya svam

tasya vai svara eva svam

tasmâd ârtvijyam karishyan vâci svaram iccheta

tayâ vâcâ svarasampannayârtvijyam kuryât

tasmâd yajñe svaravantam didrkshanta eva

atho yasya svam bhavati

bhavati hâsya svam

ya evam etat sâmnah svam veda (25)

25. Wer das Eigentümliche dieses Sâman kennt, dem wird Eigentum zuteil.

Der Wohllaut ist sein Eigentümliches.

Darum, wer des Priesteramtes walten will, der wünsche seiner Stimme Wohllaut;

mit einer solchen wohllautreichen Stimme soll er des Priesteramtes walten.

Darum begehrt man zum Opferdienste nur einen solchen, der wohllautreich sei,

als welcher das Eigentümliche besitzt. –

Dem wird Eigentum zuteil,

wer also dieses Eigentümliche des Sâman kennt.

tasya haitasya sâmno yah suvarnam veda bhavati hâsya suvarnam

tasya vai svara eva suvarnam

bhavati hâsya suvarnam

ya evam etat sâmnah suvarnam veda

26. Wer das Gold dieses Sâman kennt, dem wird Gold zuteil.

Das Gold des Sâman ist der Wohllaut. –

Dem wird Gold zuteil,

wer also dieses Gold des Sâman kennt.

tasya haitasya sâmno yah pratishthâm veda prati ha tishthati

tasya vai vâg eva pratishthâ

vâci hi khalv esha etat prânah pratishthito gîyate

anna ity u haika âhuh (27)

27. Wer die Grundlage dieses Sâman kennt, der ist wohl gegründet.

Die Grundlage des Sâman ist die Rede;

denn auf die Rede ist der Prâna gegründet, wenn er solchermaßen [als Sâman] gesungen wird. –

Andre sagen: er ist gegründet auf die Nahrung.

athâtah pavamânânâm evâbhyârohah

28. Nunmehr folgt die Erhebung zu den Reinigungssprüchen. –

sa vai khalu prastotâ sâma prastauti

sa yatra prastuyât tad etâni japet

Der Prastotar also hat den Eingang des Sâman zu singen.

Während derselbe ihn singt, soll er [der Yajamâna] folgende [Sprüche] murmeln:

asato mâ sad gamaya

tamaso mâ jyotir gamaya

mrtyor mâmrtam gamayeti

"Aus dem Nichtseienden führe mich zum Seienden;

Aus der Finsternis führe mich zum Lichte;

Aus dem Tode führe mich zur Unsterblichkeit!"

sa yad âhâsato mâ sad gamayeti

mrtyur vâ asat sad amrtam

mrtyor mâmrtam gamaya

amrtam mâ kurv ity evaitad âha

Wenn er sagt: "aus dem Nichtseienden führe mich zum Seienden",

so bedeutet das Nichtseiende den Tod, das Seiende die Unsterblichkeit,

und er sagt damit: "aus dem Tode führe mich zur Unsterblichkeit,

mache mich unsterblich".

tamaso mâ jyotir gamayeti

mrtyur vai tamah jyotir amrtam

mrtyor mâmrtam gamaya

amrtam mâ kurv ity evaitad âha

Wenn es heißt: "aus der Finsternis führe mich zum Lichte",

so bedeutet die Finsternis den Tod, das Licht die

S.391

Unsterblichkeit,

und er sagt damit: "aus dem Tode führe mich zur Unsterblichkeit,

mache mich unsterblich."

mrtyor mâmrtam gamayeti

nâtra tirohitam ivâsti

Wenn es heißt: "aus dem. Tode führe mich zur Unsterblichkeit",

so ist darin nichts, was verborgen wäre.

atha yânîtarâni stotrâni

teshv âtmane 'nnâd yam âgâyet

Was weiter die übrigen Strophen des Preisliedes (stotram) betrifft,

so mag er [der Udgâtar und seine Gehilfen, oben S.66] in ihnen für sich selbst Nahrung zum Essen ersingen.

tasmâd u teshu varam vrnîta

yam kâmam kâmayeta

tam sa esha evamvid udgâtâtmane vâ

yajamânâya vâ yam kâmam kâmayate tam âgâyati

Darum mag er auch in ihnen eine Gabe erbitten,

und wenn er irgend einen Wunsch hat,

so kann ihn der solches wissende Udgâtar ersingen,

sei es für sich selbst

oder auch für den Veranstalter des Opfers, wenn dieser einen Wunsch hat.

taddhaital lokajid eva

na haivâlokyatâyâ âshâsti

ya evam etat sâma veda (28)

Dieses [Wissen des Sâman als Prâna] erwirbt die Himmelswelt (loka).

Es ist nicht zu fürchten, daß der nicht die Himmelswelt erlange,

welcher also dieses Sâman kennt.

iti trtîyam brâhmanam (3)

Viertes Brâhmanam.

Ursprung der Weit aus dem Âtman. Der Verfasser dieses tiefsinnigen Abschnittes bedient sich der überkommenen Form der Schöpfungsmythen (Proben derselben Gesch.d.Phil.I,183 fg.) als eines Rahmens, nicht um eine zusammenhängende Legende von der Schöpfung der Welt ans dem Âtman zu erzählen, sondern nur, um die innere Abhängigkeit alles Seienden von dem Âtman darzutun. Daher knüpft er immer wieder von neuem an den Âtman, das Brahman an, und die außere Form hat dadurch etwas Fragmentarisches; aber an eine Sammlung von Fragmenten zu denken, verbietet die vollkommene Einheitlichkeit des durchgehenden Grundgedankens. Besonders charakteristisch ist die wiederholt durchbrechende, scharfe und kühne Polemik gegen den Götterkultus; sie beweist, daß unser Stück in eine frühe Zeit gehört, in welcher der Âtman seine Superioritat den Göttern gegenüber erst noch erkämpfen müßte. Bei allen Betrachtungen des Abschnittes ist festzuhalten, daß dieser weltschöpferische, übergöttliche Âtman als das eigentliche "Selbst", d.h. als Subjekt des Erkennens unmittelbar in einem jeden von uns zu finden ist.

1–4. Das erste Bewußtsein des Âtman als Weltprinzips, und so auch in uns, ist: aham asmi, "ich bin". – Dieser alles in allem seiende Âtman ist ohne Sünde (Etymologie von purusha) und ohne Furcht. Aber er ist auch, weil allein, ohne Freude. Daher er sich, ähnlich wie in dem Mythus des Aristophanes (Platon, Symp.p.189 c fg.), zerlegt in Mann und Weib (beide zusammen machen erst den ganzen Menschen aus), wodurch die Menschen und sodann die verschiedenen Tiergeschlechter entstehen (sie sind mit dem Menschen eines Wesens).

5 und 6b (vor 6a zu stellen). Der Âtman weiß, daß er die ganze Schöpfung ist, und daß die Götter, deren Verehrung die Leute empfehlen, nur eine Umwandlung seiner selbst sind.

S.391

6a und 6c Der Âtman schafft Nahrungesser und Nahrung, als deren Prototyp Feuer and Soma vorschweben. Ersteres entsteht aus den geriebenen Händen und dem in sie hauchenden Monde als Mutterschoß, letzteres aus seinem alles Flüssige befassenden Samenerguß.

6d. Sofern der Âtman als Mensch, als Sterblicher, die unsterblichen Götter schafft, ist seine Schöpfung eine Überschöpfung (atisrshti).

7. Der Âtman breitet Namen and Gestalten aus and geht sodann in dieselben ein, wodurch er unsichtbar wird. Alle Organe (und Götter) enthalten ihn nur stückweise (akrtsna), daher man (nicht sie sondern) den Âtman verehren soll. – Der Âtman (in uns) ist "die Wegspur, der man nachzugehen hat" (padanîyam), um zum ganzen Universum zu gelangen.

8. Der Âtman , als das Selbst, ist von allem das Teuerste, weil das Nächste (Keim des Brh.2,4,5 weiter ausgeführten Gedankens); er ist nicht, wie alles andre, verlierbar.

9–10. Durch das Wissen des (spater so viel gefeierten) "großen Wortes": aham brahma asmi "ich bin Brahman", wurde Brahman zum Weltall: und so jeder, der dasselbe weiß. Wer aber die Götter als etwas von sich Verschiedenes, sich Gegenüberstehendes verehrt, der ist wie ein Stück Vieh aus ihrer Herde, das sie freilich nicht gern verlieren mögen.

11–15. Das Brahman (als Weltprinzip und zugleich als Brahmanen-Stand) schafft, zunächst als göttliche Wesen, die Kshatriya's (Indra, Varuna, Soma, Rudra, Parjanya, Yama, Mrtyu, Îshâna), die Vaishya's (die Vasu's, Rudra's, Âditya's, Vishve devâh und Marut's) und Shudra's {Pûshan, d.h. die nährende Erde), und noch höher als sie alle das Recht (dharma) and die mit ihm identische Wahrheit (satyam). Von jenen göttlichen Kasten sind die menschlichen abgeleitet, wahrend das Brahman selbst unter den Göttern als Agni, unter den Menschen als Brahmane lebt. Wer nun stirbt, ohne "die eigne Welt" (sva loka, d.h. seinen Âtman ) erkannt zu haben, dessen Werke, wie heilig sie auch sein mögen, sind vergänglich; darum soll man den Âtman als Welt verehren.

16. Der Âtman (in uns) ist die Welt der Götter, Rshi's, Väter, Menschen und Tiere; daher dieselben die täglichen fünf Spenden empfangen und dafür dem Spendenden, als ihrem Selbste, Wohlfahrt wünschen.

17. Die fünf Güter des Lebens sind die eigne Person, Weib, Kinder, Besitz und Werk. Wer den Âtman kennt, der braucht sie nicht zu erstreben, sondern trägt sie als Manas, Rede, Prâna, Auge-Ohr and Leib (âtman) in sich. So ist er in und an sich selbst das fünffache Opfer (vorher, 16), das fünffache Opfertier (Mensch, Roß, Rind, Schaf, Ziege), der fünffache Mensch, das fünffache Weltall.

âtmaivedam agra âsît purushavidhah

so 'nuvîkshya nânyad âtmano 'pashyat

so 'ham asmîty agre vyâharat

tato 'ham nâmâbhavat

tasmâd apy etarhy âmantrito 'ham ayam ity evâgra

uktvâthânyan nâma prabrûte yad asya bhavati

1. Am Anfang war diese Welt allein der Âtman, in Gestalt eines Menschen (vgl. Ait.1,1,4).

Der blickte um sich: da sah er nichts andres als sich selbst.

Da rief er zu Anfang aus: "Das bin ich!"

Daraus entstand der Name Ich. –

Daher auch heutzutage, wenn einer angerufen wird, so sagt

S.393

er zuerst: "Das bin ich!"

und dann erst nennt er den andern Namen, welchen er trägt. –

sa yat pûrvo 'smât sarvasmât sarvân pâpmana shaushat

tasmât purushah

oshati ha vai sa tam yo 'smât pûrvo bubhûshati ya evam veda (1)

Weil er vor diesem allem alle Sünden vorher (pûrva) verbrannt hatte (ush),

darum heißt er pur-ush-a (der Mensch, der Geist).

Wahrlich, es verbrennt den, welcher ihm vor zu sein begehrt, wer solches weiß.

so 'bibhet

tasmâd ekâkî bibheti

sa hâyam îkshâm cakre yan mad anyan nâsti kasmân nu bibhemîti

tata evâsya bhayam vîyâya

kasmâddhy abheshyat

dvitîyâd vai bhayam bavati (2)

2. Da fürchtete er sich;

darum fürchtet sich einer, wenn er allein ist.

Da bedachte er: "wovor sollte ich mich fürchten, da nichts andres außer mir da ist?"

Dadurch entwich seine Furcht;

denn wovor hätte er sich fürchten sollen?

Denn vor einem Zweiten ist ja die Furcht.

sa vai naiva reme

tasmâd ekâkî na ramate

sa dvitîyam aicchat

sa haitâvân âsa yathâ strîpumâmsau samparishvakthau

3. Aber er hatte auch keine Freude;

darum hat einer keine Freude, wenn er allein ist.

Da begehrte er nach einem Zweiten.

Nämlich er war so groß wie ein Weib und ein Mann, wenn sie sich umschlungen halten.

sa imam evâtmânam dvethâpâtayat

tatah patish ca patnî câbhavatâm

tasmâd idam ardhabrgalam iva sva

iti ha smâha yâjñavalkya

tasmâd ayam âkâshah striyâ pûryata eva

Dieses, sein Selbst zerfällte er (apâtayat) in zwei Teile;

daraus entstanden Gatte (pati) und Gattin (patnî).

Darum ist dieser Leib an dem Selbste¹ gleichsam eine Halbscheid;

so nämlich hat es Yâjñavalkya erklärt.

Darum wird dieser leere Raum hier durch das Weib ausgefüllt –

¹ sve = âtmani. Sehr annehmbar ist Böhtlingk's Vorschlag, svas als Verbum finitum zu lesen: "darum sind wir beiden so gleichsam eine Halbscheid", – wiewohl es sich bei dem Akzentuationssystem des Shatapathabrâhmanam nicht sicher feststellen läßt; wie es denn auch gerade dem Yâjñavalkya weniger anstehen würde, im Dual zu reden, da er zwei Weiber hatte.

tâm samabhavat

tato manushyâ ajâyanta (3)

Mit ihr begattete er sich;

daraus entstanden die Menschen.

so heyam îkshâm cakre

katham nu mâtmana eva janayitvâ sambhavati

hanta tiro 'sânîti

4. Sie aber erwog:

"Wie mag er sich mit mir begatten, nachdem er mich aus sich selbst erzeugt hat?

Wohlan! ich will mich verbergen!" –

sâ gaur abhavat rshabha itarah

tâm sam evâbhavat

tato gâvo 'jâyanta

Da ward sie zu einer Kuh; er aber ward zu einem Stier

und begattete sich mit derselben.

Daraus entstand das Rindvieh. –

vadavetarâbhavat ashvavrsha itarah

gardabhîtarâ gardabha itarah

tâm sam evâbhavat

tata ekashapham ajâyata

Da ward sie zu einer Stute; er aber ward zu einem Hengste;

sie ward zu einer Eselin, er zu einem Esel

und begattete sich mit derselben.

Daraus entstanden die Einhufer. –

ajetarâbhavat vasta itarah

avir itarâ mesha itarah

tâm sam evâbhavat

tato 'jâvayo 'jâyanta

Sie ward zu einer Ziege, er zu einem Bocke;

sie zu einem Schafe, er zu einem Widder

und begattete sich mit derselben;

daraus entstanden die Ziegen und Schafe. –

evam eva yad idam kiñca mithunam â pipîlikâbhyah

tat sarvam asrjata (4)

Also geschah es, daß er alles, was sich paart, bis hinab zu den Ameisen,

dieses alles erschuf.

S.394

so 'vet aham vâva srshtir asmi

aham hîdam sarvam asrkshîti

tatah srshtir abhavat

srshtyâm hâsyaitasyâm bhavati ya evam veda (5)

5. Da erkannte er: "Wahrlich, ich selbst bin die Schöpfung;

denn ich habe diese ganze Welt erschaffen".

So entstand der Name Schöpfung. –

Der, fürwahr, ist in dieser seiner Schöpfung [Schöpfer], wer solches weiß.

athety abhyamanthat

sa mukhâc ca yoner hastâbhyâm câgnim asrjata

tasmâd etad ubhayam alomakam antaratah

alomakâ hi yonir antaratah

6. Darauf rieb er [die vor den Mund gehaltenen Hände] so;

da brachte er aus dem Munde als Mutterschoß und aus den Händen das Feuer hervor;

darum ist dieses beides von innen ohne Haare;

denn der Mutterschoß ist inwendig ohne Haare.

tad yad idam âhuh amum yajâmum yajeti ekaikam devam

etasyaiva sâ visrshtih

esha u hy eva sarve devâh

Darum¹, wenn die Leute von jedem einzelnen Gotte sagen: "Opfere diesem, Opfere jenem!"

so [soll man wissen, daß] diese erschaffene Welt von ihm allein herrührt;

er also allein ist alle Götter.

¹ Dieser Absatz, welcher hier den Znsammenhang störend unterbricht, ist am Ende von 5 oder von 6 anzuschließen.

atha yatkiñced ârdram tad retaso 'srjata

tad u somah

etâvad vâ idam sarvam annam caivânnâdash ca

soma evânnam agnir annâdah

Alles nun, was auf der Welt feucht ist, das erschuf er aus dem Samenerguß;

dieser aber ist der Soma;

denn diese ganze Welt ist nur dieses: Nahrung und Nahrungesser.

Der Soma ist die Nahrung, das Feuer der Nahrungesser.

saishâ brahmano 'tisrshtih

yac cheyaso devân asrjata

atha yan martyah sann amrtân asrjata

tasmâd atisrshtih

atisrshtyâm hâsyaitasyâm bhavati ya evam veda (6)

Diese [Schöpfung] hier ist eine Überschöpfung des Brahman.

Weil er als höhere [als er selbst ist] die Götter schuf,

und weil er, als Sterblicher, die Unsterblichen schuf,

darum heißt sie die Überschöpfung. –

In dieser seiner Überschöpfung ist [Schöpfer], wer solches weiß.

taddhedam tarhy avyâkrtam âsît

tan nâmarûpâbhyâm eva vyâkriyata

asau nâmâyam idam rûpa iti

tad idam apy etarhi nâmarûpâbhyâm eva vyâkriyate

asau nâmâyam idam rûpa iti

7. Die Welt hier war damals nicht entfaltet;

eben dieselbe entfaltete sich in Namen und Gestalten,

so daß es hieß:

"der so und so mit Namen Heißende hat die und die Gestalt".

Ebendieselbe wird auch heute noch entfaltet zu Namen

und Gestalten,

so daß es heißt: "der so und so mit Namen

Heißende hat die und die Gestalt".

sa esha iha pravishtah â nakhâgrebhah

yathâ kshurah kshuradhâne 'vahitah syât

vishvambharo vâ vishvambharakulâye

In sie ist jener [Âtman]

eingegangen bis in die Nagelspitzen hinein,

wie ein Messer

verborgen ist in einer Messerscheide

oder das allerhaltende

[Feuer] in dem feuerbewahrenden [Holze].

Vgl. Kaush.4,20, oben S. 58. In diesen Stellen begegnen wir zuerst dem im spätem Vedânta typisch gewordenen Vergleiche: Brahman ist in den Erscheinungen latent, wie das Feuer im Brennholze, Brahmasûtra p. 787,11.

tam na pashyanti akrtsno hi sah

prânan eva prâno nâma bhavati vadana vâk

pashyamsh cakshuh shrnvan shrotram manvâno manah

tâny asyaitâni karmanâmâny eva

Darum siehet man

ihn nicht: denn er ist zerteilt;

als atmend heißt er Atem,

als redend Rede,

als sehend Auge, als hörend Ohr, als ver-

S.395

stehend Verstand;

alle diese sind nur Namen für seine Wirkungen.

sa yo 'ta ekaikam upâste na sa veda

akrtsno hy esho ta ekaikena bhavati

âtmety evopâsita

atra hy ete sarva ekam bhavanti

Wer nun eines oder das andre von diesen verehrt, der ist nicht weise;

denn teilweise nur wohnt jener in dem einen oder andern von ihnen.

Darum soll man ihn allein als den Âtman verehren;

denn in diesem werden jene alle zu einem.

tad etat padanîyam asya sarvasya yad ayam âmâ

anena hy etat sarvam veda

yathâ ha vai padenânuvinded

evam

kîrti shlokam vindate ya evam veda (7)

Darum ist dieses die [zu verfolgende] Wegespur des Weltalls, was hier [in uns) der Âtman ist;

denn in ihm kennt man das ganze Weltall;

ja, fürwahr, wie man mittels der Fußspur [ein Stück Vieh] auffindet,

also [erkennt man mittels des Âtman diese Welt]. –

Ruhm und Ehre findet, wer solches weiß!

tad etat preyah preyo vittât preyo 'nyasmât sarvasmât

antarataram yad ayam âtmâ

8. Darum ist dieses teurer als ein Sohn, teurer als Reichtum, teurer als alles andre;

denn es ist innerlicher, weil es

diese Seele (âtman) ist.

sa yo 'nyam âtmanah priyam bruvânam

brûyât priyam rotsyatîti

îshvaro ha tathaiva syât

Wenn nun jemand einen andern als den Âtman für teuer erklärt,

und von ihm einer sagt: "Verlieren wird er, was ihm teuer ist!"

der kann Herr sein, daß dies also geschehe.

âtmânam eva priyam upâsîta

sa ya âtmânam eva priyam upâste

na hâsya priyam pramâyuktam bhavati (8)

Darum soll man den Âtman allein als teuer verehren;

wer den Âtman allein als teuer verehrt,

dessen Teures ist nicht vergänglich.

tadâhuh

ayt brahmavidyayâ sarvam bhavishyantah manushyâ manyante

kim u tad brahmâved yasmât tat sarvam abhavad iti (9)

9. Hier sagen sie:

dieweil die Menschen durch das Wissen

von Brahman zum Weltall zu werden gedenken,

was wußte

denn dieses Brahman, wodurch es zu diesem Weltall wurde? –

brahma vâ idam agra âsît

tad âtmânam evâvet

aham brahmâsmîti

tasmât tat sarvam abhavat

10. Wahrlich, diese Welt war am Anfang Brahman,

dieses

wußte allein sich selbst.

Und es erkannte: "Ich bin Brahman!" –

Dadurch ward es zu diesem Weltall.

tad yo yo devânâm pratyabudhyata

sa eva tad abhavat

tatharshînâm tathâ manushyânâm

Und wer

immer von den Göttern dieses [durch die Erkenntnis: "Ich

bin Brahman"] inne ward,

der ward eben zu demselbigen;

und ebenso von den Rishi's, und ebenso von den Menschen. –

taddhaitat pashyann rshir vâmadevah pratipede

Dieses erkennend hub Vâmadeva, der Rshi, an (Rgv.4,26,1):

aham manur abhavam sûryash ceti

"Ich war einst Manu, ich war einst die Sonne."

tad idam apy etarhi ya evam veda aham brahmâsmîti

sa idam sarvam bhavati

tasya ha na devash ca nâbhûtyâ îshate

âtmâ hy eshâm sa bhavati

Und auch heutzutage, wer also eben dieses erkennt: "Ich bin Brahman!"

der wird zu diesem Weltall;

und auch die Götter haben nicht Macht, zu bewirken, daß er es nicht wird.

Denn er ist die Seele (Âtman) derselben.

atha yo 'nyâm devatâm upâste

anyo 'sâv anyo 'ham asmîti

na sa veda

Wer nun eine andre Gottheit [als den Âtman, das Selbst] verehrt

und spricht: "Eine andre ist sie, und ein andrer bin

S.396

ich",

der ist nicht weise;

yathâ pashur evam sa devânâm

yathâ ha vai bahavah pashavo manushyam bhuñjyuh

evam ekaikah purusho devân bhunakti

ekasminn eva pashâvâdîyam âne 'priyam bhavati

kim u bahushu

tasmâd eshâm tan na priyam

yad etan manushyâ vidyuh

sondern er ist gleich als wie ein Haustier der Götter.

So wie viele Haustiere dem Menschen von Nutzen sind,

also auch ist jeder einzelne Mann den Göttern von Nutzen.

Wenn auch nur ein Haustier entwendet wird, das ist unangenehm,

wie viel mehr, wenn viele! –

Darum ist es denselben nicht angenehm,

daß die Menschen dieses wissen.

brahma vâ idam agra âsîd ekam eva

tad ekam san na vyabhavat

11. Wahrlich, diese Welt war zu Anfang nur Brahman allein;

dieses, da es allein war, war nicht entfaltet.

tac chreyo rûpam aty asrjata

kshatram

yany etâni devatrâ kshatrâni

indro varunah somo rudrah parjanyo yamo mrtyur îshâna iti

Selbiges schuf über sich [über das brahman, Priestertum, die erste Kaste] hinaus

als ein edler Gestaltetes

das Kshatram [Fürstentum, die zweite Kaste];

jene, welche Fürsten sind unter den Göttern,

mit Namen Indra, Varuna, Soma, Rudra, Parjanya, Yama, Mrtyu, Îshâna.

tasmât kshatrât param nâsti

tasmâd brâhmanah kshatriyam adhastâd upâste râjasûye

kshatra eva tad yasho dadhâti

saushâ kshatrasya yonir yad brahma

Darum gibt es nichts Höheres als das Kshatram.

Darum verehrt der Brahmane den Kshatriya in Unterwürfigkeit bei der Königsweihe;

dem Kshatram eben zollt er diese Ehre. –

Aber eben dieses Brahman ist der Mutterschoß des Kshatram.

tasmâd yady api râjâ paramatâm gacchati

brahmaivântata upanishrayati svâm yonim

ya u enam hinasti svâm sa yonim rcchati

sa pâpîyân bhavati yathâ shreyâm sam himsitvâ (11)

Darum, wenn auch der König die höchste Stelle inne hat,

so nimmt er doch am Ende seine Zuflucht zum Brahman als zu seinem Mutterschoße.

Wer aber diesen [einen Brahmanen] verletzt, der schädigt seinen Mutterschoß;

er ist um so schlimmer, je edler der war, den er verletzte.

sa naiva vyabhavat

sa visham asrjata

yâny etâni devajâtâni ganasha âkhyâyante

vasavo rudrâ âdityâ vishvedevâ maruta iti

12. Er war noch nicht entfaltet;

da schuf er die Vish [den Bürgerstand, die dritte Kaste];

jene, welche, als Götter geboren, in Scharen aufgezählt werden,

nämlich die Vasu's, Rudra's, Âditya's, Vishve devâh und Marut's.

sa naiva vyabhavat

sa shaudram varnam asrjata pûshanam

iyam vai pûshâ

iyam hîdam sarvam pushyati yad idam kiñca (23)

Er war noch nicht entfaltet;

da schuf er als die Shûdra-Kaste den Pûshan;

nämlich diese [Erde] ist Pûshan;

denn sie ernährt (pushyati) dieses alles, was vorhanden ist.

sa naiva vyabhavat

tac chreyo rûpam aty asrjata dharmam

tad etat kshatrasya shatram yad dharmah

tasmâd dharmât param nâsti

Er war noch nicht entfaltet;

da schuf er über sich hinaus als ein edler Gestaltetes das Recht (dharma).

Dieses ist Herrscher des Herrschers, was das Recht ist.

Darum gibt es nichts Höheres als das Recht.

atho abalîyân balîyâm samâshamsate dharmena

yathâ râjñaivam

Daher auch der Schwächere gegen den Stärkeren seine Hoffnung setzt auf das Recht,

gleich wie auf einen König.

yo vai sa dharmah

satyam vai tat

Fürwahr, was dieses Recht ist,

das ist die Wahrheit (satyam).

tasmât satyam vadantam âhuh dharmam vadatîti

dharmam vâ vadantam satyam vadatîti

etaddhy evaitad ubhayam bhavati (14)

Darum, wenn einer die Wahrheit spricht, so sagt man, er spricht recht;

und wenn einer recht

S.397

spricht, so sagt man, er spricht die Wahrheit;

denn beides ist eines und dasselbige.

tad etad brahma kshatram vit shûdrah

tad agninaiva deveshu brahmâbhavat

brâhmano manushyeshu

kshatriyena kshatriyo

vaishyena vaishyah

shûdrena shûdrah

15. Eben dieses ist Brahman, Kshatram, Vish und Shûdra.

Dieses Brahman war mittels des Agni [als Agni, Gott des

Feuers] unter den Göttern,

als Brahmane unter den Menschen.

Als [göttlicher] Kshatriya ward es zum [menschlichen] Kshatriya,

als Vaishya zum Vaishya,

als Shûdra zum Shûdra.

tasmâd agnâv eva deveshu lokam icchante

brâhmane manushyeshu

etâbhyâm hi rûpâbhyâm brahmâbhavat

Darum

wünscht man in [Gestalt des] Agni¹ eine Stätte unter den

Göttern,

in [der des] Brahmanen eine Stätte unter den Menschen;

denn in diesen beiden Gestalten kam das Brahman

[

unmittelbar] zur Erscheinung.

¹ Als der Gott Agni; oder (Shânk.): im Feuer opfernd.

atha yo ha vâ asmâl lokât svam lokam adrshtvâ praiti

sa enam avidito na bhunakti

yathâ vedo vânanûkthah

anyad vâ karmâkrtam

Wer nun aus dieser Welt dahinscheidet, ohne daß er die eigne Welt [die Welt des Âtman] geschaut hat,

dem hilft sie, da sie unerkannt geblieben, nicht,

wie der Veda, wenn er nicht studiert,

oder ein Werk, wenn es nicht getan wird.

yad iha vâ apy anevamvin mahat punyam karma karoti

taddhâsyântatah kshîyata eva

Und selbst wenn er, der solches nicht wissende, ein großes gutes Werk vollbringt,

so wird es ihm doch am Ende [durch Aufzehrung des Lohnes] zunichte.

âtmânam eva lokam upâsîta

sa ya âtmânam eva lokam upâste na hâsya karma kshîyate

asmâddhy evâtmano yad yat kâmayate tat tat srjate (15)

Darum soll man den Âtman allein als die Welt [zu der man im Tode eingeht] verehren.

Wer den Âtman als die Welt verehrt, dessen Werk wird nicht zunichte;

vielmehr wird er aus diesem Âtman erschaffen, was er immer begehrt.²

² Als Erläuterung kann Chând. 8,2 (oben S. 190) dienen.

atho ayam vâ âtmâ sarveshâm bhûtânâm lokah

sa yaj juhoti yad yajate tena devânâm lokah

atha yad anubrûte tena rshînâm

atha yat pitrbhyo nishrnâti yat prajâm icchate tena pitrrnâm

atha yan manushyân vâsayate yad ebhyo 'shanam dadâti tena manushyânâm

atha yat pashubhyas trnodakam vadanti tena pashûnâm

yad asya grheshu shvâpadâ vayâmsy â pipîlikâbhya upajîvanti

tena teshâm lokah

16. Es ist aber sogar auch dieser Âtman [der eigene Leib]

eine Wohnstätte (Welt) für alle Wesen: ³

sofern man opfert

und opfern läßt, ist er eine Stätte der Götter;

sofern man

[den Veda] hersagt, der Rshi's;

sofern man den Ahnen die

Spende darbringt, sofern man Nachkommenschaft begehrt, der

Ahnen;

sofern man die Menschen beherbergt und speiset, der

Menschen;

sofern man für das Vieh Gras und Wasser sucht,

des Viehes;

sofern in eines Hause die Tiere des Feldes und

die Vögel bis herab zu den Ameisen ihr Futter finden,

insofern ist er eine Stätte für diese. –

³ Über die fünf täglich zu bringenden Mahâyajña's, welche hier zu einem Opfer an den Âtman umgedeutet werden, vgl. Manu 3,69 fg.

yathâ ha vai svâya lokâyârishtim icchet

evam haivamvide sarvâni bhûtâny arishtim icchanti

tad vâ etad viditam mîmâmsitam (16)

Wahrlich, sowie einer

seiner eigenen Wohnstätte Wohlfahrt wünscht,

also wünschen

S.398

alle Wesen Wohlfahrt dem, der solches weiß. –

Das ist gewißlich erkannt und erforscht.

âtmaivedam agra âsîd eka eva

so 'kâmayata jâyâ me syât atha prajâyeya

atha vittam me syât atha karma kurvîyeti

etâvân vai kâmah

necchamsh canâto bhûyo vindet

17. Diese Welt war am Anfang der Âtman einzig und allein.

Derselbe begehrte: "Möge ich ein Weib haben! möge ich mich fortpflanzen!

möge ich Reichtum haben! möge ich ein Werk vollbringen!"

So weit nämlich reicht das Begehren.

Auch wenn einer wollte, könnte er nicht mehr als dies erlangen.

tasmâd apy etarhy ekâkî

kâmayate jâyâ me syât atha prajâyeya

atha vittam me syât atha karma kurvîyeti

Darum auch heutzutage, wenn einer allein steht,

so begehrt er: "Möge ich ein Weib haben! möge ich mich fortpflanzen!

möge ich Reichtum haben! möge ich ein Werk vollbringen!"

sa yâvad apy eteshâm ekaikam na prâpnoti

akrtsna eva tâvan manyate

tasyo krtsnatâ

Solange er von diesen Stücken auch nur eines nicht erlangt,

so lange glaubt er sich unvollständig. –

Jedoch, seine Vollständigkeit ist diese:¹

¹ Wer den Âtman kennt, besitzt in ihm bereits die fünf Ziele menschlichen Strebens.

mana evâsy âtmâ

vâg jâyâ

prânah prajâ

das Manas ist sein Selbst (âtman );

die Rede sein Weib;

der Odem seine Nachkommenschaft;

cakshur mânusham vittam cakshushâ hi tad vindate

shrotram caivam shrotrena hi tac chrnoti

âtmaivâsya karma âtmanâ hi karma karoti

das Auge sein menschlicher Reichtum, denn mit dem Auge macht er ihn ausfindig,

das Ohr sein göttlicher, denn mit dem Ohre hört er ihn;

der Leib (âtman) ist sein Werk, denn mit dem Leibe vollbringt er das Werk.

sa esha pânkto yajñah

pânktah pashuh

pânktah purushah

pânktam idam sarvam yad idam kiñca

Also ist fünffach das Opfer [an Götter, Rshi's, Ahnen, Menschen, Tiere],

fünffach das Opfertier (Ind.Stud.X,347. XIII,2l8),

fünffach der Mensch [als Manas, Rede, Odem, Auge-Ohr, Leib],

fünffach dieses alles, was irgend vorhanden ist. –

tad idam sarvam âpnoti ya evam veda (27)

Dieses alles erlangt, wer solches weiß. –

iti caturtham brâhmanam (4)

Fünftes Brâhmanam.

Dieses Brâhmanam zerlegt sich in fünf Abschnitte, welche nur teilweise einen innern Zusammenhang erkennen lassen.

1–13. Ein Versrätsel über die sieben Speisen, welche der Vater (Prajâpati) erschaffen, wird aufgeführt und erklärt; als die drei Speisen, welche der Vater für sich selbst bestimmt, werden Manas, Vâc und Prâna bezeichnet, und von denselben psychologische Erklärungen gegeben. Sodann werden dieser Dreiheit (ziemlich willkürlich) die verschiedensten Dreiheiten untergeordnet, nach folgendem Schema:

S.399

Vâc:

ayam lokah

rgveda

devâh

mâtâ

vijñâtam

Manas:

antariksham

Yajurvedah

pitarah

pitâ

vijijñâsyam

Prâna:

asau lokah

sâmavedah

manushyâh

prajâh

avijñâtam.

Dieselben haben als Leib:

prthivî

dyaus

âpas

und als Lichtgestalt (jyotirûpam):

ayam agnih

asau âdityah

asau candramâh

Hierin kann, in Analogie mit Brh1,2, der (allerdings nicht weiter ausgesprochene) Gedanke gefunden werden, daß Prajâpati das Weltall und seine Verhältnisse sich selbst zur Nahrung erschaffen habe.

14–15. An die Auffassungen des Prajâpati als Jahr (Gesch.d.Phil.I,208) und als Mond (oben S.35) schließt sich der gegenwartige Abschnitt, welcher schildert, wie der sechzehnteilige Prajâpati beim Abnehmen des Mondes allnächtlich einen Teil einbüßt, bis er in der Neumondsnacht ganz verschwanden ist und nur noch als Prâna in allem Lebenden fortbesteht, aus dem er am nächsten Morgen (als die neue Mondsichel) wieder geboren wird. Hierin findet der sich als Prajâpati Wissende einen Trost, auch wenn er alle Habe einbüßt und nur das Leben behält; er weiß, daß damit das Wesentliche (der Prâna) gerettet ist, aus dem, wie aus jenem letzten Sechzehntel des Prajâpati, alles Übrige wieder entstehen kann. (Einer verwandten Vorstellung begegneten wir Chând.6,7, oben S.163.)

16. Ohne ersichtlichen Zusammenhang mit dem Vorhergehenden, vermutlich um auf die dann folgende Vermachungszeremonie vorzubereiten, erscheint hier die Lehre von den drei Welten: der Menschenwelt, welche durch einen Sohn, der Väterwelt, welche durch die Werke, der Götterwelt, welche durch das Wissen erworben wird. – Die Stelle scheint den ersten Keim der Lehre von Pitryâna und Devayâna zu enthalten.

17–20. Weiter folgt die Zeremonie der Vermachung, Sampratti, ähnlich dem Kaush.2,15 geschilderten Sampradânam (oben S.40), nur daß unsre Stelle noch weiter geht und schildert, wie in den Vater, nachdem er seine Lebenskräfte dem Sohne vermacht, aus Erde, Himmel und Wasser die nach obigem Schema in ihnen enthaltenen, göttlichen Vâc, Manas und Prâna eingehen, wodurch er, wofern er solches weiß, zum Selbste aller Wesen wird und an allem ihrem Guten teil hat, während das Übel derselben ihn nicht berührt.

21–23. Die nun folgende Vrata-mimânsâ "Überdenkung der Observanz" ist von besonderem Interesse als eine erste Vorläuferin der spätern Yogapraxis. Die Stellung des Stückes nach der Sampratti scheint dadurch bedingt zu sein, daß es in dieser von dem göttlichen Prâna hieß, er sei der, "welcher, mag er hinstreichen oder nicht hinstreichen, nicht wankt und auch nicht Schaden leidet", eine Bemerkung, welche hier wiederkehrt, wiewohl in etwas anderm Sinne, sofern es sich vorher nur um den

S.400

kosmischen Prâna , hier jedoch zunächst um den psychischen Prâna handelt, da ihm ja als kosmische Potenz Vayu gegenübersteht. In diesem, nicht ermüdenden und nicht untergehenden, Vâyu-Prâna finden (ähnlich wie bei dem Daiva Parimara, Kaush.2,12–13, oben S.37) die übrigen, der Ermüdung und dem Tode unterworfenen, Kräfte, vâc, cakshuh, shrotram von psychischer, und agni, âditya, candramas von kosmischer Seite, Eingang und Rettung; denn er, der Prâna, ist (wie ein teilweise Kâth.4,9.13 wiederkehrender Vers besagt) das unvergängliche Weltprinzip, welches die Götter als ewig gültige Satzung (dharma) aufgestellt haben. Darum soll man sich über Tod und Übel erheben, indem man nur und allein (d.h. mit Unterdrückung der übrigen Lebensäußerungen) ausatmet und einatmet, – eine Observanz (vratam), in welcher wir den ersten Keim des beim spätern Yoga geübten Prânâyâma (Regelung des Atmens) erkennen dürfen.

yat saptânnâni medhayâ

tapasâjanayat pitâ

ekam asya sâdhâranam

dve devân abhâjayat

trîny âtmane 'kuruta

pashubhya ekam prâyacchat

tasmin sarvam pratishthitam

yac ca prâniti yac ca na

kasmât tâni na kshîyante

'dyamânâni sarvadâ

yo vaitâm akshitim veda

so 'nnam atti pratîkena

sa devân apigacchati

sa ûrjam upajîvati

1. Durch Geisteskraft und Anstrengung

Sieben Speisen der Vater schuf:

Die eine ist gemein allen;

Zwei teilte er den Göttern zu;

Drei hat er für sich selbst bestimmt;

Eine bot er den Tieren dar;

Auf diese gründet sich alles,

Was da atmet, und was da nicht.

Wie kommt's, daß sie nicht abnehmen,

Da man sie aufzehrt allerwärts?

Wer versteht dies Nichtabnehmen,

Der ißt Nahrung mit seinem Mund,

Der geht ein zu den Gottheiten,

Der ernährt aus der Fülle sich.

iti shlokâh (1)

So lauten die Verse.

yat saptânnâni medhayâ

tapasâjanayat pitâ

2. "Durch Geisteskraft und Anstrengung

sieben Speisen der Vater schuf", –

iti medhayâ hi tapasâjanayat pitâ

also durch Geisteskraft und durch Anstrengung hat sie der Vater erschaffen. –

ekam asya sâdhâranam

"Die eine ist gemein allen", –

itîdam evâsya tat sâdhâranam annam yad idam adyate

sa ya etad upâste na sa pâpmano vyâvartate

mishram hy etat

nämlich dieses eben ist jene allen gemeinsame: die Speise, die da gegessen wird;

wer diese hochschätzt, der wird nicht von dem Übel befreit,

denn sie ist eben gemengt (nicht gewählt, gemein). –

dve devân abhâjayat

"Zwei teilte er den Göttern zu", –

iti hutam ca prahutam ca tasmâd devebhyo juhnati ca pra ca juhnati

atho âhur darshapûrnamâsâv iti

tasmân neshtiyâjukah syât

nämlich [Feuer-]Opfer und [sonstige] Spenden, darum opfert und spendet man den Göttern; –

oder auch sie erklären es als das Neu- und Vollmondsopfer.

Darum soll man nicht der [auf egoistische Zwecke gerichteten] Wunschopfer sich befleißen. –

pashubhya ekam prâyacchat

"Eine bot er den Tieren dar", –

iti tat payah payo hy evâgre manushyâsh ca pashavash copajîvanti

tasmât kumâram jâtam ghrtam vai vâgre pratilehayanti stanam vânudhâpayanti

atha vatsam jâtam ahur atrnâd iti

dies ist die Milch; denn von Milch leben zu Anfang sowohl

S.401

Menschen als auch Tiere.

Darum lassen sie ein Kind, wenn es geboren ist, zuerst Butter lecken oder an der Brust saugen,

und ein neugeborenes Kalb nennt man "ein nicht Gras fressendes". –

tasmin sarvam pratishthitam

yac ca prâniti yac ca na

"Auf diese gründet sich alles,

was da atmet, und was da nicht" –

iti payasi hîdam sarvam pratishthitam

yac ca prâniti yac ca na

nämlich auf die Milch gründet sich alles,

was da atmet und was nicht atmet.

tad yad idam âhah samvatsaram payasi juhnad

apa punarmrtyum jyatîti

na tathâ vidyât

yad ahar eva juhoti tad ahah punarmrtyum apajayanty evam vidvân

sarvam hi devebhyo 'nnâdyam prayacchati

Wenn es aber heißt: "wer ein Jahr lang Milch opfert,

der wehrt den Wiedertod (oben S.262) ab",

so soll man das nicht annehmen;

sondern vielmehr, an welchem Tage er opfert,

an diesem Tage wehrt den Wiedertod ab, wer solches weiß:

denn alle Speise, die er verzehrt, die reichet er [dem Âtman und durch diesen] den Göttern dar.¹ –

¹ Erste Spur der Lehre vom Prânagnihotram, über welches Weiteres oben S. 146 fg. und in den Atharva-Upanishad's.

kasmât tâni na kshîyante

'dyamânâni sarvadâ

"Wie kommt's, daß sie nicht abnehmen,

Da man sie aufzehrt allerwärts?" –

iti purusho vâ akshiti

sa hîdam annam punah punar janayate

nämlich der Purusha (Mann, Geist) ist das Nichtabnehmen (die Unerschöpflichkeit);

dieser erzeugt diese Speise immer wieder neu. –

yo vaitâm akshitim veda

"Wer versteht dies Nichtabnehmen", –

iti purusho vâ akshiti

sa hîdam annam dhiyâ dhiyâ janayate karmabhih

yad vaitan na kuryât kshîyeta ha

also der Purusha ist das Nichtabnehmen;

dieser erzeugt die Speise durch die jedesmalige Meditation als seine Werke;

denn wenn er das nicht täte, so würde sie freilich abnehmen. –

so 'nnam atti pratîkena

"Der ißt Nahrung mit seinem Mund"; –

iti mukham pratîkam mukhenety etat

pratîkam ist der Mund; also mit seinem Munde ißt er die Nahrung. –

sa devân apigacchati

sa ûrjam upajîvati

"Der geht ein zu den Gottheiten,

Der ernährt aus der Fülle sich", –

iti prashamsâ (2)

dies ist gesagt zu seiner Verherrlichung.

trîny âtmane 'kuruta

3. "Drei hat er für sich selbst bestimmt"; –

iti mano vâcam prânam

tâny âtmane 'kuruta

diese sind: Manas, Rede und Prâna;

diese hat er für sich selbst bestimmt.

anyatramanâ abhûvam nâdarsham

anyatramanâ abhûvam nâshrausham iti

manasâ hy eva pashyati manasâ shrnoti

"Ich war anderswo mit meinem Verstande (Manas), darum sah ich nicht;

ich war anderswo mit meinem Verstande, darum hörte ich nicht";

so sagt man;

denn nur mit dem Verstande sieht man und mit dem Verstande hört man.

kâmah sankalpo vicikitsâ shraddhâshraddhâ

dhrtir adhrtir hîr dhîr bhîr

ity etat sarvam mana eva

Verlangen, Entscheidung, Zweifel, Glaube, Unglaube,

Festigkeit, Unfestigkeit, Scham, Erkenntnis, Furcht, –

alles dies ist nur Manas.

tasmâd api prshthata apasprshto

manasâ vijânâti

Darum, wenn einer auch von hinten berührt wird,

so erkennt er es durch das Manas.

yah kash ca shabdo vâg eva sâ eshâ hy antamâyattâ

eshâ hi na

prâno 'pâno vyâna udânah samâno 'na ity etat sarvam prâna eva

Alles was Ton ist, das ist Rede; selbige gehet zu Ende

S.402

[als menschliche Rede],

und selbige auch wieder nicht [als die himmlische Vâc, Rgv.10,125; Gesch.d.Phil.I,146 fg.].

Aushauch, Einhauch, Zwischenhauch, Aufhauch, Allhauch; alles dieses ist Hauch (ana), nämlich Prâna.

etanmayo vâ ayam âtmâ

vângmayo manomayah prânamayah (3)

Hieraus bestehend ist dieser Âtman;

aus Rede bestehend, aus Manas bestehend, aus Prâna bestehend.

trayo lokâ eta eva

vâg evâyam lokah mano 'ntarikshalokah prâno 'sau lokah (4)

4. Eben diese sind die drei Welten;

die Rede ist diese [Erden-]Welt, das Manas ist die Luftraum-Welt, der Prâna ist jene [Himmels-]Welt.

trayo devâ eta eva

vâg evârgvedah mano Yajurvedah prânah sâmavedah (5)

5. Eben diese sind die drei Veden;

die Rede ist der Rgveda, das Manas der Yajurveda, der Prâna der Sâmaveda.

devâh pitaro manushyâ eta eva

vâg eva devâh manah pitarah prâno manushyâh (6)

6. Eben diese sind Götter, Ahnen, Menschen;

die Rede ist die Götter, das Manas die Ahnen, der Prâna die Menschen.

pitâ mâtâ prajaita eva

manah eva pitâ vâng mâtâ prânah prajâ (7)

7. Eben diese sind Vater, Mutter und Kind.

Das Manas ist der Vater, die Rede die Mutter, der Prâna das Kind.

vijñâtam vijijñâsyam avijñâtam eta eva

8. Eben diese sind das Erkannte, das zu Erkennende und das Unerkannte.

yat kiñca vijñâtam vâcas tad rûpam

vâgghi vijñâtâ

vâg enam tad bhûtvâvati (8)

Alles Erkannte ist eine Form der Rede;

denn die Rede ist die erkannte.

Indem sie dieses ist, hilft sie ihm [der sie als solche weiß].

yat kiñca vijijñâsyam manasas tad rûpam

mano hi vijijñâsyam

mana enam tad bhûtvâvati (9)

9. Alles zu Erkennende ist eine Form des Manas;

denn

das Manas ist das zu erkennende.

Indem es dieses ist, hilft

es ihm [der es als solches weiß].

yat kiñcâvijñâtam prânasya tad rûpam

prâno hy avijñâtah

prâna enam tad bhûtvâvati (10)

10. Alles Unerkannte ist eine Form des Prâna;

denn der Prâna ist der unerkannte.

Indem er dieses ist, hilft er ihm [der ihn als solchen weiß].

tasyai vâcah prthivî sharîram jyotîrûpam ayam agnih

tad yâvaty eva vâk tavatî prthivî tâvân ayam agnih (11)

11. Dieser Rede Leib ist die Erde, und ihre Lichtgestalt ist dieses [irdische] Feuer;

darum, soweit sich die Rede erstrecket, so weit erstrecket sich die Erde, so weit dieses Feuer.

athaitasya manaso dyauh sharîram jyotîrûpam asâv âdityah

tad yâvad eva manah tavatî dyauh tâvân asâv âdityah

12. Aber jenes Manas' Leib ist der Himmel, und seine Lichtgestalt ist jene Sonne;

darum, soweit sich das Manas erstrecket, so weit erstrecket sich der Himmel, so weit jene Sonne.

tau mithunam samaitâm

tatah prâno 'jâyat

sa indrah sa esho 'sapatnah

dvitîyo vai sapatnah

nâsya sapatno bhavati ya evam veda (12)

Diese beiden [die Rede und das Manas] gingen eine Paarung ein;

daraus ward geboren der [Welt-]Odem (prâna);

dieser ist Indra, und der ist ohne Nebenbuhler;

nämlich ein Zweiter heißt ein Nebenbuhler. –

Dem erstehet kein Nebenbuhler, wer solches weiß.

S.403

athaitasya prânasyâpah sharîram jyotîrûpam asau candrah

tad yâvân eva prânah tavatya âpah tâvân asau candrah

13. Aber jenes Prâna Leib sind die Wasser, und seine Lichtgestalt ist jener Mond;

darum, soweit sich der Prâna erstrecket, so weit erstrecken sich die Wasser, so weit jener Mond.

ta ete sarva eva samâh sarve 'nantâh

sa yo haitân antavata upâste 'ntavantam sa lokam jayati

atha yo haitân anantânupâste 'nantam sa lokam jayati (13)

Eben diese [Rede, Manas, Prâna] sind alle gleich groß, sind alle unendlich. –

Wer selbige als endlich verehrt, der erwirbt eine endliche Stätte [im Himmel];

aber wer selbige als unendlich verehrt, der erwirbt eine unendliche Stätte.

sa esha samvatsarah prajâpatih

shodashakalah

tasya râtnaya eva pañcadasha kalâh

dhruvaivâsya shodashî kalâ

sa râtribhir evâ ca

pûryate 'pa ca kshîyate

14. Eben dieser Prajâpati ist das Jahr [die durch Zunahme und Abnahme des Mondes gegliederte Zeit],

ist sechzehnteilig.

Die Nächte [zwischen Neu- und Vollmond] sind fünfzehn Teile desselben;

unwandelbar ist sein sechzehnter Teil;

durch die Nächte wird er [der als Mond vorgestellte Prajâpati]

vermehrt und wiederum vermindert;

so 'mâvâsyâm râtrim etayâ shodashyâ kalayâ sarvam idam prânabhrd anupravishya

tatah prâtajâyate

tasmâd etâm râtrim prânabhrtah prânam na vicchindyât api krkalâsasya

etasyâ eva devatâya apacityai (14)

und nachdem er in der Neumondnacht mit jenem sechzehnten Teile in alles, was da Odem hat, eingegangen ist,

so wird er am darauf folgenden Morgen [als die neue Mondsichel] geboren.

Darum soll man in jener Nacht keinem Lebendigen das Leben rauben, wäre es auch eine Eidechse;

nämlich aus Ehrerbietung gegen jene Gottheit.

yo vai sa samvatsarah prajâpatih shodashakalah

ayam eva sa yo 'yam evamvit purushah

tasya vittam eva pañcadasha kalâh

âtmaivâsya shodashî kalâ

15. Fürwahr, der dieses Jahr ist, der sechzehnteilige Prajâpati,

dieser eben ist der Mann hier, der solches weiß.

Seine Habe ist die fünfzehn Teile an ihm,

seine Person (âtman) ist an ihm der sechzehnte Teil.

sa vittenaivâ ca pûryate 'pa ca kshîyate

tad etan nabhyam yad ayam âtmâ pradhir vittam

tasmâd yady api sarvajyânim jîyate âtmanâ cej jîvati

pradhinâgâd ity evâhuh (15)

Nur in bezug auf seine Habe wird er vermehrt und wiederum vermindert.

Seine Person, das ist die Radnabe, seine Habe der Radkranz.

Darum, wenn er auch in aller Weise geschunden wird, und er bleibt seiner Person nach am Leben,

so sagt man: "mit dem Radkranze [zahlend] ist er davongekommen."

atha trayo vâva lokâh

manushyalokah pitrloko devaloka iti

so 'yam manushyalokah putrenaiva jayyah nânyena karmanâ

karmanâ pitrlokah

vidyayâ devalokah

16. Nun aber, fürwahr, sind drei Welten:

die Menschenwelt, die Väterwelt und die Götterwelt.

Die eine, die Menschenwelt, ist zu erwerben nur durch einen Sohn, nicht durch sonst ein Werk.

Durch das [Opfer-]Werk wird die Väterwelt,

durch das Wissen die Götterwelt erworben.

Nämlich (nach der spätern Theorie) die Väterwelt auf dem Wege des Pitryâna, die Götterwelt anf dem des Devayâna.

devaloko vai lokânâm shreshthah

tasmâd vidyâm prashamsanti

Die Götterwelt

S.404

aber ist unter den Welten die beste;

darum rühmen sie das Wissen.

athâtah samprattih

yadâ praishyan manyate 'tha putram âha

tvam brahma tvam yajñah aham loka iti

sa putrah pratyâha

aham brahma aham yajñah aham loka iti

17. Nunmehr das Vermächtnis (sampratti). –

Wenn

einer denkt, daß es mit ihm zu Ende gehet, so spricht er zu

seinem Sohne:

"Du bist das Gebet, du bist das Opfer, du

bist die Welt."

Darauf antwortet der Sohn:

"Ich bin das

Gebet, ich bin das Opfer, ich bin die Welt." –

yad vai kiñcânûktam tasya sarvasya brahmety ekatâ

ye vai ke ca yajñâs teshâm sarveshâm yajña ity ekatâ

ye vai ke ca lokâs teshâm sarveshâm loka ity ekatâ

Nämlich,

alles was [im Veda] studiert worden ist, das wird zusammengefaßt in das Wort "Gebet" (brahman);

und alle Opfer werden

zusammengefaßt in das Wort "Opfer";

und alle Welten werden

zusammengefaßt in das Wort "Welt".

etâvad vâ idam sarvam

etanmâ sarvam sann ayam ito 'bhunajad iti

tasmât putram anushishtam lokyam âhuh

tasmâd enam anushâsati

Denn soweit [wie diese

drei Worte] erstreckt sich dieses Ganze,

und [so denkt der

Vater]: "sofern er dieses Ganze ist, möge mich dieser von

hier aus fördern." –

Darum sagt man von einem unterrichteten

Sohne, daß er Welt[-Erfahrung] habe;

darum unterrichtet

man ihn.

sa yadaivamvid asmâl lokât praiti

athaibhir eva prânaih saha putram âvishati

sa yady anena kiñcid akshnayâ 'krtam bhavati

tasmâd enam sarvasmât putro muñcati

Wenn nun der, welcher solches weiß, aus dieser Welt dahinscheidet,

dann geht er mitsamt jenen Lebensgeistern [Rede, Manas und Prâna] ein in den Sohn;

und wenn von ihm irgend etwas in die Quere begangen worden,

so wird sein Sohn das alles sühnen;

tasmât putro nâma

sa putrenaivâsmil loke pratitishthati

athainam ete

daivâh prânâ amrtâ âvishanti (17)

daher der Name "Sohn" (putra, weil er pûranena trâyati pitaram, Shank.);

durch den Sohn nämlich bestehet er fort in dieser Welt.

In ihn selbst aber [der seine Lebensgeister dem Sohne vermacht hat]

gehen jene göttlichen, unsterblichen Lebensgeister ein;

prthivyai cainam agnesh ca daivî vâg âvishati

sâ vai daivî vâg yayâ yad yad eva vadati

tat tad bhavati (18)

18. aus der Erde und aus dem Feuer geht in ihn ein die göttliche Rede;

dieses aber ist die göttliche Rede, durch welche, was immer er reden mag,

das alles geschieht;

divash cainam âdityâc ca daivam mana âvishati

tad vai daivam mano yenânandyeva bhavati

atho na shocati (19)

19. aus dem Himmel und aus der Sonne geht in ihn ein das göttliche Manas;

dieses aber ist das göttliche Manas, durch welches einer voll Wonne wird,

also daß er sich nicht mehr bekümmert;

adbhyash cainam candramasash ca daivah prâna âvishati

sa vai daivah prâno yah sañcaramsh câsañcaramsh ca

na vyathate atho na rishyati

20. aus den Wassern und aus dem Monde gehet in ihn ein der göttliche Prâna (Odem);

dieses aber ist der göttliche Prâna, welcher, mag er hinstreichen oder nicht hinstreichen,

nicht wankt und auch nicht Schaden leidet.

sa evamvit sarveshâm bhûtânâm âtmâ bhavati

yathaishâ devataivam sah

yathaitâm devatâm sarvâni bhûtâny avanti

evam haivamvidam sarvâni bhûtâny avanti

Er, der solches weiß, wird zu dem Selbste aller Krea-

S.405

turen;

gleichwie jene Gottheit [Prajâpati] ist, also ist auch er;

gleichwie jener Gottheit alle Kreaturen förderlich sind,

also sind auch ihm, der solches weiß, förderlich alle Kreaturen. –

yad u kiñcamâh prajâh shocanti amaivâsâm tad bhavati

punyam evâmum gacchati

na ha vai devân pâpam gacchati (20)

Allen Schmerz aber, den die Geschöpfe hier erleiden, den behalten sie für sich,

und nur ihr Gutes gehet hin zu ihm;

denn das Übel gehet nicht hin zu den Göttern.

athâto vratamîmâmsâ

21. Nunmehr die Betrachtung des Gelübdes (vratamimânsâ). –

prajâpatir ha karmâni sasrje

tâni srshtâny anyonyenâspardhanta

vadishyâmy evâham iti vâg dadhre

drakshyâmy aham iti chakshuh

shroshyâmy aham iti shrotram

evam anyâni karmâni yathâ karma

Prajâpati also schuf die Verrichtungen;

diese,

nachdem sie erschaffen, wetteiferten miteinander.

"Ich will

reden", so strebte die Rede,

"ich will sehen", so das Auge,

ich will hören", so das Ohr,

und ebenso die übrigen Verrichtungen, je nach ihrer Verrichtung.

tâni mrtyuh shramo bhûtvopayeme

tâny apnot tâny âptvâ mrtyur avârundha

tasmâc chrâmyaty eva vâk

shrâmyati chakshuh

shrâmyati shrotram

Diese übermannte, als

Müdigkeit, der Tod,

diese packte er, und nachdem er sie gepackt, hielt sie der Tod gefangen.

Darum eben ermüdet die

Rede,

ermüdet das Auge,

ermüdet das Ohr.

athemam eva nâpnod yo 'yam madhyamah prânah

tâni jñâtum dadhrire

ayam vai nah shreshtho

yah sañcaramsh câsañcaramsh

ca na vyathate atho na rishyati

hantâsyaiva sarve rûpam asâmeti

ta etasyaiva sarve rûpam abhavan

Nur ihn packte

er nicht, der da der Prâna in der Mitte ist [der Mukhya Prâna,

k.].

Da suchten ihn jene [andern] zu erkennen.

Und sie

sprachen: "Fürwahr, der ist unter uns der beste,

welcher,

mag er hinstreichen oder nicht hinstreichen,

nicht wankt und

auch nicht Schaden leidet;

wohlan! lasset uns alle zu seiner

Natur werden!"

Da wurden sie alle zu seiner Natur.

tasmâd eta etenâkhyâyante prânâ iti

Darum

werden dieselben nach ihm benannt und heißen Prâna's (Lebensgeister). –

tena ha vâva tat kulam âcakshate

yasmin kule bhavati ya evam veda

ya u haivamvidâ spardhate

'nushushyati anushushya haivântato mriyata

Wahrlich, nach dem benennen sie sein Geschlecht,

das Geschlecht aus welchem er stammt, wer solches weiß.

Wer aber mit einem, der solches weiß, wetteifert,

der vertrocknet und geht am Ende zugrunde. –

ity adhyâtmam (21)

So viel, in bezug auf das Selbst.

athâdhidaivatam

jvalishyâmy evâham ity agnir dadhre

tapsyâmy aham ity âdityah

bhâsyâmy aham iti chandramâh

evam anyâ devatâ yathâ daivatam

22. Nun in bezug auf die Götter:

"Ich will brennen", so strebte das Feuer,

"ich will wärmen", so die Sonne,

"ich will glänzen", so der Mond;

und ebenso die übrigen Gottheiten, je nach ihrer Gottheit.

sa yathaishâm prânânâm madhyamah prânah evam etâsâm devatânâm vâyuh

mlocanti hy anyâ devatâh na vâyuh

saishânastamitâ devatâ yad vâyuh (22)

Was aber unter jenen Prâna's der Prâna in der Mitte ist, das ist unter diesen Gottheiten Vâyu (der Wind);

denn die übrigen Gottheiten gehen zur Rast, nicht aber der Vâyu;

das ist die Gottheit, welche keinen Niedergang hat, der Vâyu.

athaisha shloko bhavati

yatash codeti sûryah

astam yatra ca gacchati

iti prânâd vâ esha udeti prâne 'stam eti

tam devâsh cakrire dharmam

sa evâdya sa u shvah

23. Darüber ist dieser Vers [vgl. zu Kâth.4,9, oben S.280]:

S.406

Aus dem der Sonne Aufgang ist,

In dem sie wieder untergeht, –

nämlich aus dem Prâna geht sie auf und in den Prâna unter,

Den machten zum Gesetz Götter

Er ist es heut und morgen auch.

iti yad vâ ete 'murhy adhriyanta

tad evâpy adya kurvanti

Nämlich was dieselben ehedem festgesetzt haben,

das befolgen sie auch heute noch.

tasmâd ekam eva vratam caret

prânyâc caivâpânyâc ca

nenmâ pâpmâ mrtyur âpnuvad iti

yady u caret samâpipayishet

teno etasyai devatâyai

sâyujyam salokatâm jayati

[ya evam veda] (23)

Darum soll man nur ein Gelübde befolgen:

man soll [mit Unterdrückung der andern Sinnestätigkeiten, Shank.], einatmen und ausatmen

und wünschen: "Möge mich nicht das Übel, der Tod, packen!" –

Wer dies Gelübde befolgt, der suche es durchzuhalten;

dann wird er dadurch mit jener Gottheit

Verbindung und Zusammensein erlangen,

wer solches weiß.

iti pañcamam brâhmanam (5)

Sechstes Brâhmanam.

Die drei objektiven Weltfaktoren: Name, Gestalt, Werk, haben ihr uktham (Rgveda), ihr sâman (Sâmaveda), ihr brahman (Yajurveda), d.h. ihr Prinzip, aus dem sie entspringen (denn der Veda ist das Prinzip der Welt; sie ist aus dem Veda entsprungen), in den drei subjektiven Faktoren: Rede, Auge und Leib (âtman). Somit geht jene Dreiheit (Name, Gestalt, Werk) zurück (auf Rede, Auge, Leib, und durch sie) auf den Âtman oder Prâna. Er ist das Unsterbliche (amrtam), jene Dreiheit bildet die (empirische) Realität (satyam); ihre Namen und Gestalten sind somit das Unsterbliche, verhüllt durch die Realität (amrtam satyena channam). Man vergleiche zu diesem tiefsinnigen Gedanken namentlich Shatap.Br.11,2,3 (Gesch.d.Phil.I,259–260) und Chând.8,3,1–2 (oben S.191); und so schon das prathamachad, Rgv.10,81,1 (Gesch.d.Phil.I, 136).

trayam vâ idam

nâma rûpam karma

1. Dreifach, fürwahr, ist diese Welt:

Name, Gestalt und

Werk.

teshâm nâmnâm vâg ity

etad eshâm uktham ato hi sarvâni nâmâny uttishthanti

etad eshâm sâma etaddhi sarvair nâmabhih samam

etad eshâm brahma etaddhi sarvâni nâmâni bibharti (1)

Was unter ihnen die Namen betrifft, so ist das, was man die Rede nennt,

ihr Preislied (uktham), denn aus ihr entstehen (ut-sthâ) alle Namen,

ihr Gesang (sâman), denn sie ist bei allen Namen gleich (sama),

ihr Gebet (brahman), denn sie trägt (bibharti) alle Namen.

atha rûpânâm cakshur ity

etad eshâm uktham ato hi sarvâni rûpâny uttishthanti

etad eshâm sâma etaddhi sarvai rûpaih samam

etad eshâm brahma etaddhi sarvâni rûpâni bibharti (2)

2. Aber für die Gestalten ist das, was man das Auge

nennt,

ihr Preislied, denn aus ihm entstehen alle Gestalten,

ihr Gesang, denn es ist bei allen Gestalten gleich,

ihr Gebet,

denn es trägt alle Gestalten.

atha karmanâm âtmety

etad eshâm uktham ato hi sarvâni karmâny uttishthanti

etad eshâm sâma etaddhi sarvaih karmabhih samam

etad eshâm brahma etaddhi sarvâni karmâni bibharti

3. Aber für die Werke ist das, was man den Leib (âtman) nennt,

ihr Preislied, denn aus ihm entstehen alle Werke,

ihr Gesang, denn es ist bei allen Werken gleich,

ihr Gebet, denn es trägt alle Werke.

tad etat trayam sad ekam ayam âtmâ

âtmo ekah sann etat trayam

Dieses, wiewohl es dreifach ist, ist eines, nämlich der Âtman,

und der Âtman wiederum, wiewohl er einer ist, ist jenes Dreifache.

tad etad amrtam sat[t]yena channam

prâno vâ amrtam nâmarûpe sattyam

tâbhyâm ayam prânash channah (3)

Dasselbige ist das Unsterbliche, verhüllt durch die Realität (amrtam, satyena channam);

der Prâna nämlich ist das Unsterbliche, Name und Gestalt sind die Realität;

durch diese ist jener Prâna verhüllt.

iti shashtham brâhmanam (6)

iti prathamo 'dhyâyah (1)

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